Pier Paolo Pasolini

Pino Pelosi wurde wieder einmal von den Behörden angehört, schrieb La Repubblica kürzlich, und natürlich ging es um den Mord an Pier Paolo Pasolini am 2. November 1975, für den er als Einzeltäter zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Nun sagte er, wie zum ersten Mal vor zehn Jahren, es seien mehrere Täter gewesen. Ein Hinterhalt, um den Autor zu töten.

Pier Paolo Pasolini, 1922 geboren, gehört mit seinen Filmen und seinen theoretischen Exkursen zur intellektuellen Geschichte Italiens. Bei der Kritischen Ausgabe plus habe ich einmal über sein Ende geschrieben. Pino Pelosi sagte bei der Anhörung: »Sie waren zu sechst in jener Nacht beim Hydroscalo. Während mich einer festhielt, schlugen zwei Pasolini mit Schlägern und Prügeln. Ich hörte ihn um Hilfe schreien, dann lag er auf der Erde, und ein Alfa, der dem glich, den er fuhr, überfuhr ihn.«

Pasolini in seiner Wohnung im Monteverde-Viertel, wo auch ich einmal lebte

Ich bin selber mit dem Rad einmal nach Ostia gefahren zu diesem öden und traurigen Landstrich, auf dem heute ein Monument für Pasolini steht. Ein Fußballplatz ist daneben. Nanni Moretti ist in seinem Film Caro Diario (1994) mit der Vespa auch hinausgefahren dorthin, und er ließ dazu einen Auszug des Köln Concerts von Keith Jarrett laufen, und diese Passage ist sehenswert. Damals war das erst 20 Jahre her.

Der Untersuchungsrichter Francesco Minisci hörte in Rom die Version von Pelosi, die er seit Jahren herumbietet: Dass er kein Einzeltäter und unschuldig sei. Das verkündete er auch bei einer Pressekonferenz vor drei Jahren in Rom. Angeblich sind neue DNS-Spuren auf den Kleidern des Schriftstellers gefunden worden, die auf Komplizen von Pelosi hindeuten.

Dieser sagte: »Ich kannte Pasolini seit einigen Monaten, und an jenem Abend kam er vorbei und holte mich am Bahnhof Termini ab. Ich stieg in sein Auto, und wir fuhren ins Restaurant Biondo Tevere. Dann sind wir nach Ostia gefahren. Wir haben angehalten, um zu tanken, und da habe ich ein Motorrad gesehen. Und dann sind wir zum Hydroscalo von Ostia.« Da wollten sie ungestört sein, Pier Paolo Pasolini und Pino Pelosi.

Pelosi weiter: »Als wir gehalten hatten, bin ich ausgestiegen, um zu pissen. Dann hat mich ein bärtiger Mann von hinten festgehalten. Nachdem er mir einen Faustschlag ins Gesicht versetzt hatte, hielt er mich am Hals und sagte mir, ich solle mich nicht rühren, und aus einem Fiat 1300 stiegen zwei Leute aus, die Pasolini zusammengeschlagen haben. Immer wieder haben sie auf ihn eingedroschen. Er schrie: ›Hilfe, Mamma!‹ Dann habe ich den Scheinwerfer eines Motorrads gesehen. Und dann kam der Alfa an, der Pasolini überfuhr.«

Der Mord an Pasolini ist eines der dunkelsten Kapitel Italiens, das an dunklen Kapiteln wahrlich nicht arm ist. Pasolini war das kritische Gewissen Italiens. Der homosexuelle Autor störte viele, vielleicht wusste er zu viel über die Hintermänner rechtsradikaler Anschläge (in einem Artikel wenige Wochen vor seinem Tod hatte er geschrieben: »Ich weiß.«), und es ist unklar und wird es vermutlich ewig bleiben, welche Gruppe sich zusammentat, um diesen großartigen Mann zum Schweigen zu bringen.

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