Eine Rettungsaktion

Die Geschichte im Wald der Hardt, als am 3. Dezember 1944 Jean Devif ums Leben kam, ist nun klar. Zum 70. Jubiläum wurden große Schautafeln aufgestellt, aus denen wir rekonstruieren können, wie sich damals 14 Franzosen vor den Geschossen der deutschen Armee durch den Wald und über einen Kanal hinweg in Sicherheit brachten.

Ich fuhr noch vor Weihnachten in den Wald ein, in dem die Geschichte spielte, und ich war ebenfalls in Gefahr – denn im Wald der Hardt wurde gejagt. Darauf deuteten schon die 17 Limousinen hin, die am Waldrand geparkt standen und die Waidmänner wohl zum Ort ihrer Untaten gebracht hatten. Sie ließen mich durch, und als ich später zurückkam, saßen sie fein säuberlich aufgereiht auzf Stühlchen, Waffe über den Rücken, und spähten in den Wald. Schüsse hörte ich keine.

Die Geschichte beginnt mit Léopold Jaegly, einem jungen Elsässer, der mit Frau und drei kleinen Töchtern in Ottmarsheim lebte und jeden Tag die 14 Kilometer zum Bahnhof Mulhouse, wo er arbeitete, mit dem Fahrrad fuhr. Vielleicht radelte er wie ich durch den Wald. Einige seiner Freunde waren schon von der deutschen Armee zwangsrekrutiert worden; das sollte ihm nicht passieren. Er baute sich im April 1944 einen Unterstand im Wald und versteckte sich da, an der Bahnlinie, mit einem Freund.

Die Stellwand, die an das Häuschen von Jaegly erinnert

Das ging einige Monate gut, und seine Frau Marguerite brachte ihm das Essen. Im September wurde es kalt. Die beiden jungen Männer verstecken sich in dem Haus der Eisenbahner, in dem ihre Familien und noch ein paar Versprengte leben, insgesamt 14 Personen. Am 28. November 1944 schlägt eine Granate ins Dach ein. Am 1. Dezember 1944 taucht ein franzöischer Panzer auf.

Die Soldaten wollen mit zwei anderen gepanzterten Fahrzeugen die 14 Flüchtlinge durch den Wald auf die andere Seite eines Kanals bringen, wo sie in Sicherheit wären – dort regieren die Franzosen. Es handelt sich um vier Kilometer auf dem schnurgeraden Waldweg. Doch die Deutschen sind überall, die Kämpfe um Mülhausen und im Wald der Grunhutte sind erbittert.

Am Ende des Waldwegs: der Kanal. Die Rettung

Plötzlich spuckte eine Panzerabwehrwaffe Feuer, und das erste Fahrzeug wurde zerstört, und Jean Devif war auf der Stelle tot. Auch die Fahrer des gepanzerten Fahrzeugs, das Jaeglys Töchter transportierte, starben.

Die neue Tafel für Jean Devif

Die Insassen stiegen aus und liefen in den Wald. Es fehlten noch zweieinhalb Kilometer bis zur Rettung. Sie schlichen sich acht Stunden durch den Wald und überquerten glücklich eine provisorische Fußgängerbrücke über den Kanal: die Rettung.

Am 8. Mai 1945 war der Krieg zu Ende. Léopold Jaegly und seine Familie kehrten heim. Leider trat er, als er auf der Suche nach Essbarem war, auf eine Landmine und verlor sein Leben. An jenem Tag, dem 16. Juni 1945 und am nächsten Tag, starben durch Minen auch 15 deutsche Kriegsgefangene, die man auf die Felder gehetzt hatte, um die Minen zu räumen. So rächte man sich.

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