Direkte Stimmen: John Sloan

Die direkten Stimmen von Verstorbenen erklingen im abgedunkelten Séancenraum, von irgendwo her: aus halber Höhe, aus einer Ecke. Dazu braucht es ein starkes Medium, das anwesend ist. Direktstimmenmedien wie John Sloan und Leslie Flint waren ein Wunder. Die Parapsychologen gingen auf Distanz, weil sie meinten, dass Betrug nie ausgeschlossen werden konnte.

Das schottische Direktstimmenmedium John Campbell Sloan war mit 75 Jahren nicht mehr ganz gesund, sein Gedächtnis setzte aus, und zu den Sitzungen nach 1943 musste ihn seine Schwiegertochter Mrs Sam Sloan jeweils an den Ort bringen, an dem die Sitzung stattfand. »Dennoch«, schreibt sein Biograf Arthur Findlay, »ging es mit den Phänomenen weiter wie früher, und es wäre so weitergegangen, wäre er (Sloan) taub, verwirrt, blind und hinfällig gewesen. Wenn er anwesend ist, sprechen die Stimmen, wenn er nicht anwesend ist, herrscht Schweigen.«

Zwei Welten trafen sich: alle acht Wochen bei Mrs. Lang und Mrs. Bowes in Glasgow. Arthur Findlay hat sein Buch Where Two Worlds Meet 1951 veröffentlicht und darin auf 600 Seiten 19 Sitzungen der Gruppe um das Medium John Campbell Sloan von 1942 bis 1945 wiedergegeben. Kurz zuvor war Sloan 82-jährig gestorben.

Bei jeder Sitzung meldeten sich etwa 40 Stimmen, und zehn Teilnehmer plus das Medium waren Zeugen. Alles wurde genau protokolliert. Arthur Findlay erinnerte sich, dass einmal eine Stimme so laut geworden sei, dass ein Nachbar vom Haus gegenüber läutete und fragte, ob alles in Ordnung sei.

Die jenseitigen Teilnehmer in Schottland kannten den Ort, an dem ihre Hinterbliebenen sich versammeln würden: ein Vorteil. Der knorrige Schotte Sloan war ein einfacher Mann, raue Schale und weicher Kern, der nie auch nur einen Penny für seine Sitzungen nahm. Er wollte einfach mithelfen, dass Menschen hier mit ihren verstorbenen lieben Angehörigen drüben sprechen konnten.

Das Buch mit den Protokollen liest sich rührend und wirkt in der Tat wie ein Kaffeekränzchen im Dunkeln, bei dem ein Teil der Gesprächspartner nur mit seinen Stimmen anwesend ist. Allmählich begreift man auch die schwierigen Verwandtschaftbeziehungen, und es melden sich Väter und Großväter, Mütter und Söhne, Ehemänner und alte Freunde. Und alle von »drüben«, nicht weniger als die »Sterblichen«, sind liebevoll und höflich wie eben bei einem Treffen unter Freunden.

Miss Jean Dearie stenografierte bei den Sitzungen in der Dunkelheit mit. Zu Beginn beteten und sangen sie immer gemeinsam, und bisweilen begleitete ein Glöckchen den Gesang, oder man hörte eine Stimme sich dem Chor anschließen, die definitiv nicht zu einem der meist zehn Teilnehmer gehörte.

Die Jenseitigen mochten John Sloan. Im abgedunkelten Raum, dem Wohnzimmer von Mrs. Lang, standen immer zwei Trompeten, die sich bisweilen erhoben, tatsächlich von Geisterhand. Humorvolle Teilnehmer von der anderen Seite klopften damit dem Medium mehrmals auf den Kopf, ohne ihn zu verletzen und kommentierten: »Alles Holz.« Dann gab es Gelächter, hier und drüben. Wobei »drüben« eigentlich nichts bedeutet, denn die teuren Verstorbenen waren ja hier im Raum und sprachen und fühlten sich wohl.

 

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