Fahrradträume

Ich liebe Fahrräder und das Radfahren. Vielleicht ist das auf manipogo noch nicht richtig klar geworden. Manchmal träume ich auch davon, und dann steht das Fahrrad für meine Lebenssituation oder für mich; es hängt vom Zusammenhang ab. Diese Träume sind vielsagend. Ich notiere sie immer auf und gebe sie hier wieder.

Am 3. Februar: »Mit dem Rad und Gepäck in überfluteter Gegend, auf Pfaden. Mein Rad und ich stürzen hinein, das Wasser schlägt über uns zusammen.« Ich hatte an Fehler der Vergangenheit gedacht, das lässt sich nicht abstellen, und dieser Abgrund nahm mich auf. Der Auslöser war aber die Lektüre des Buches Fräulein Stark, in dem der Autor die Kindheit der Hauptperson auf der baumlosen, sumpfigen Linth-Ebene schildert. 

24. Juli: »Im Flugzeug. Dann vergaßen wir, unsere Räder zu holen, und sie wurden mit dem Fallschirm abgeworfen. Eins ging kaputt. Es war rot.« Unklar, wer WIR ist. Auch hier wurde wohl ein »Tagesrest« verarbeitet, wie Freud das nennt: Auf der Postkarte eines Bekannten war ein Ballon zu sehen. Das Rad steht immer für das Leben, die Existenz. Flugträume sind häufig. Immerhin bin ich selber nicht abgestürzt.  

8. Oktober: »Eine Fete, die ganze Nacht. Viel wurde gegessen. Räume. Menschen. Aber keine Frauen. Dann fahre ich heim. Bestelle um halb vier Uhr morgens einen Kaffee. ›Du kannst noch Milch haben‹, sagt eine Frau. Wo war mein Rad? Da, gelb, aber auseinander montiert. Alles da, aber zerstreut: Rahmen, Räder, Lenker!« Interessant. Wenn ich lange Tage alleine arbeite, träume ich nachts immer von Menschen und von Betrieb. Plötzlich ist da doch eine Frau, und ihre Erwähnung der  Milch soll natürlich etwas heißen, ist vielleicht ein Angebot.  Das zerlegte Rad hat mich dann richtig begeistert. Ich hatte an meinem Roman gearbeitet, der mich nicht zufrieden stellte. Er war irgendwie Stückwerk, und das demonstrierte mir mein Unterbewusstsein. Es könnte aber auch sein, dass das Rad für mich selbst steht. Da ich die Geschichten von Mircea Eliade kenne, der oft von Menschen in Sibirien schreibt, die sich in Trance zerstückelt fühlen und hinterher als Schamanen wiedergeboren werden, ist da vielleicht angedeutet, dass ich den Roman (und damit mich) zu einer neuen Einheit zusammenfügen muss. (Bild: Ausschnitt aus einer berühmten Fotografie von Robert Doisneau.

12. November: »Ich war auf der Überfahrt, und sie hatten alles aus der roten Packtasche geklaut, alle meine Kleider. Aber ich war nicht traurig, ich dachte mir nur, ich muss mir wohl eine Unterhose kaufen.« Auch das sind häufige Angstträume: dass man alles einbüßt, plötzlich nackt dasteht. Aber man muss es auch positiv sehen: Man hatte mir nicht meine Ausweise oder mein Geld gestohlen, sondern nur die Kleider. Da fällt mir die Assoziation zum Kaiser ein, der im Märchen keine Kleider hat. Ich hatte über ein Buch nachgedacht, das ich machen soll, doch ich wusste nicht, was ich dem Verleger vorschlagen sollte. Vielleicht fühlte ich mich wie ein Betrüger, der (wie der Kaiser) so tun will, als hätte er Kleider an.        

 

 

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