Pferd und Leben

Da war ein wichtiger Gedanke, den ich beim Schreiben übers Reitturnier hatte, − und dann war ich so im Zug, dass ich ihn vergaß. Doch er ist auch einen eigenen Beitrag wert: Dein Pferd ist das Leben. Ein Buch wäre der Gedanke auch wert, aber das hat bereits ein Würdigerer geschrieben: Daisetz T. Suzuki, Zen und die Kunst zu siegen, ohne zu kämpfen.

Das Pferd, das Reiter oder Reiterin über die Hindernisse trägt, ist der Partner. Wenn man gegen ihn steht oder den Partner unterjochen will, wird alles schwer. Leicht wird es, wenn man sich vom Leben führen lässt. Das ist der Zustand »Mond im Wasser« oder Mushin (Nicht-Geist). Die Seele soll so ruhig sein, dass sich der volle Mond alle Zeit in ihr spiegeln kann. Du folgst dem Rhythmus, regst dich den ganzen Tag und bist doch bewegungslos, denn dein Geist ist bedenkenlos. 

»Wenn die Dinge im Zustand von Nicht-Geist (mushin) oder Nicht-Denken (munen) getan werden, also ohne Selbst- oder Ichbewusstsein, ist der Handelnde vollkommen frei von Hemmungen und empfindet nicht, dass ihm etwas den Weg verstellt.« Ein Hindernis kann man ignorieren, oder man kann es elegant umkurven. Es geht um den guten Rhythmus und darum, sich dem Leben anheimzugeben, nicht diesem seinen Stempel aufzudrücken oder sich durchzusetzen.    

Eine gewisse künstlerische Qualität (myō) ist gemeint, der man laut Suzuki »allenthalben in der Natur und im Leben« begegnen kann. Der stärkste künstlerische Ausdruck kommt aus der Leere und ist nicht deutbar. Wenn man mit dem Leben handelt und nicht gegen es, läuft alles optimal. Zuviel Denken ist hinderlich. Sofort handeln, die Pläne ändern, nicht grübeln oder sich ärgern: sich auf die neue Situation einstellen und weitermachen.  

Radfahrer in der Schweiz, 2009

Der Schwertkämpfer muss sich dabei »freimachen von allem Verlangen nach Ruhm und Gewinn, von aller Ichsucht und Selbstverherrlichung, er muss im Einklang mit der Himmlischen Vernunft leben und das Gesetz der Natur achten, wie es sich in jedem von uns manifestiert«. Das nicht-verweilende Schwert Taia ist in jedem von uns, es ist in sich vollkommen und ist das Werden selbst.  

Nach diesem Zustand Schwert Taia sollen wir immer streben: Wenn man vordringt bis an die Stelle, wo Himmel und Erde noch nicht geschieden sind, wo Yin und Yang sich noch nicht herausgebildet haben, so ist man einer, der es zu wahrem Können gebracht hat.« Man könne es das kosmische Unbewusste nennen, wenn man unbedingt einen Namen dafür braucht. Etwas handelt, aber es ist nicht ich.  

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