Walle Sayer

Fußballgedichte. Zu meiner Freude fand ich drei gelungene in dem Gedichtband Irrläufer (2000) von Walle Sayer, das mir Rolf Hannes geschenkt hatte. Sayer, 1960 geboren und in Dettlingen bei Horb lebend, ist wirklich ein außerordentlicher Poet. Schenken wir ihm einen Auftritt mit Wort- und Ballzauber!

Strafraum, Rehe 

Wie still es war,
ganz am Anfang, als noch
kein Fangnetz stand,
kein Vereinsheim, das angrenzte,
der Platz nicht geflutet lag
im gleißenden Licht,
wie es still war,
die Idylle noch keine Idylle,
wochentags, wenn aus der Dämmerung,
wie aus ihrem eignen Inbild,
hervortraten: Rehe,
die ästen im Strafraum,
dass Wind zu wehen
vergaß.

Helmut Rahn, 1977

Der Weltmeister läuft ein,
Nummer Zehn der Prominentenelf,
die tingelt über abseitige Dörfer,
spielt in den Waldstadien der Provinz,
Auftritt im Namensglanz, dem Vätergeraune,
als eine steife Aura mit Bierbauch,
von der’s kein Sammelbildchen mehr gibt,
ein jeder Kreisligaspund sieht sich
ihm locker davonlaufen über den Platz,
wo er jetzt aber aus dem Stand behäbig
den Ball versenkt im Lattenkreuz,
ein Lupfer, hinweg über
den eigenen Schatten.

Foto: Helmut Krämer

Antritt

Auf und ab, der Junge im verschwitzten Trikot,
eng am schwächeren Fuß den Ball, im Laufduell
mit Schattengegnern, den leeren Raum umspielend:
wie weit der Platz wird durch sein einsames Üben,
wie verloren er wirkt allein auf dem weiten Platz.

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