Finale

Und dann war diese Radreise zu Ende. Es war der 28. Mai gegen Abend, ich fuhr vom Ionischen Meer los und erreichte das adriatische in Trani. Mission erfüllt! Plötzlich saß ich in einer apulischen Hafenstadt, die mir nach Sizilien und Kalabrien nun unglaublich wohlhabend und touristisch vorkam. Ich blickte zurück.

Ein paar Tage vorher hatte ich Italien von West nach Ost durchquert, wo die Halbinsel am schmalsten und nicht allzu bergig ist, nur 440 Meter hoch. In Zambrone war ich gestartet, dann hochgefahren nach Maida, und nach 70 Kilometern leuchtete das östliche Meer vor mir, das ionische. An ihm konnte man auf der Staatsstraße 106 bequem in Richtung Norden fahren, und als ich das versunken tat, riefen mir plötzlich Leute etwas zu.

Es waren Sylvia und Wolfgang aus Mindelheim, er mit seinem hölzernen selbst gebauten Liegerad, das ihn zum Star machte, wo immer er auftauchte. Wir fuhren eine Weile gemeinsam, blieben auf zwei Campingplätzen zusammen, bis ich weiter und die beiden bleiben wollten. Also rauschte ich, unterstützt von kräftigem Rückenwind, bis zu einem Ort namens Nuova Siri, wo der Campingplatz aber geschlossen war. Ich fragte einen Jogger, und er schickte mich 10 Kiometer weiter nach Policoro zu einem Camping. (Da war es wild. 700 Schulkinder auf Ausflug wurden gespeist ich sollte später fragen, ob etwas übrig geblieben war, und ein Lehrer füllte mich mit Rotwein ab, ich bekam Hühnchen und sah später zu, wie 10- 14-Jährige zu Techno tanzten, begeisternd.)

Dieser Mann hatte mit norditalienischem Akzent gesprochen, und später wurde mir klar, dass da in Italien die Grenze zwischen Nord und Süd lag: da, wo Kalabrien endet und die Region Basilikata beginnt. Dann fing auch die andere Scheiße an: Die Staatsstraße 106 wurde vierspurig und von Industriebauten begleitet, nicht mehr kleine Landwirtschaft wie in Kalabrien. Die Lastwagen donnerten die häßliche Staatsstraße 99 entlang, und das nervt, und man denkt, was haben wir getan, Spanier und Süditaliener haben mit EU-Geldern Schneisen durch die Landschaft geschlagen für die paar Zeitgenossen in ihren Blechschachteln, die noch dazu rasen müssen, und es gibt nichts Blöderes, als mit dem Auto zu rasen.

Jedenfalls denkt man mit Rührung an das ärmliche Kalabrien und an Sizilien, wo man meint, dass Catania und Palermo in 50 Jahren zusammensürzen werden. Trani ist unecht, denkt man, eine Theateraufführung, wo die einen (wenige) promenieren und sich darstellen, die anderen ihnen das Geld aus der Nase ziehen wollen. Das ist also die Stadt, in der ich als König von Sizilien vor 750 Jahren mit meiner Familie lebte (damals war hier nichts), und jetzt sehe ich sie wieder, nachdem ich mit meinem Pferd anonym mich in meinem Königreich umschaute. Es war schön, die Leute haben ihren König nicht vergessen.

Damals fiel Manfred in der Schlacht von Benevent, 1266. Er war 34 Jahre alt. Karl von Anjou wurde mit Hilfe des Papstes Herrscher auf Sizilien, und seine Leute trieben es so arg, dass sie 1282 in der Sizilianischen Vesper, einer Blutnacht, von den Sizilianern ermordet und vertrieben wurden. Nach Manfreds Tod floh seine Witwe mit den vier Kindern nach Trani und wollte weiter, wurde aber von einem Burgherrn verraten. Die Kinder verschmachteten im Kerker.

4 Kommentare zu “Finale”

  1. Regina

    Guten Morgen Hochwürden! sympathische Hymne an den Süden . schön. Kennst du das Lied Across the universe von den Beatles: „limitless undying love which shines around me like a million suns. ciao Gina

  2. web108

    Liebe Gina! Hab ich noch gut im Ohr, das klingt doch nach Sitar und traegt die Handschrift von George Harrison. Toll, dass du das schreibst! Vor ein paar Tagen naemlich hoerte ich (und sang) im Traum My Sweet Lord, auch von Harrison, es war ueberirdisch schoen, und ich erinnere mich, dass das vor Jahren auf einer Radtour auch schon so war. Dieser Song ist wohl ein Ruf an mich, und Across the Universe muss ich bald mal hoeren ciao Mandy.

  3. Hans Hochmann

    Wir freuen uns, dass unser 2-maliger Frühstücksgast (San Vito lo Capo) seine Reise wohlbehalten
    beendet hat. Weiterhin alles Gute wünschen die FFB-ler mit dem gelben Dukato.

  4. web108

    Liebe Brucker! Dann hoffen wir, dass auch der gelbe Ducato mit seinen Insassen heil einläuft. War ja ein kleines Bruck-Festival, und dort wird man sich mal zufällig über den Weg laufen. Mir waren sogar noch Lehrer bekannt, die Wolf-Rainer in der damaligen Oberrealschule Fürstenfeldbruck, 16 Jahre vor mir, gehabt hatte. Herzliche Grüße Manfred.