Neinja

Vergleichende Lektüre bringt einen weiter. Erst später merkt man, dass man sich gewundert hatte – ich mich über Montalbanos engstem Mitarbeiter Fazio, einem Sizilianer, der in seinen vielen Unterredungen mit dem Chef einmal sissi sagt, dann aber, auf einer Seite zwei Mal, auch nonsi. Neinja.

Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, meint er wohl nein. Ob er mit Leutnant Belladonna gesprochen hätte? Nonsi. War sie nicht da? Nonsi. Ist das eine Bestätigung des Nein durch ein Ja? Das Sissi dagegen ist ein deutliches, unterstrichenes Ja.

Ich hätte das auf sich beruhen lassen, wenn nicht Laurens van der Post in einem Rückblick auf seine Jugend in Südafrika seinen holländischsstämmigen Großvater erwähnt hätte. Wenn er aus der Bibel vorlas, begann fast jeder der Absätze, aus denen er las, »mit einem Ja-nee (wörtlich »ja-nein«). Mein Großvater benutzte den Ausdruck nur, wenn er über Dinge sprach, die ihm von außerordentlicher Bedeutung waren. Natürlich besteht der Ausdruck, wörtlich genommen, aus zwei Wörtern, die einander auslöschen und einen mit einer logischen Nicht-Aussage zurücklassen. Und dennoch, wenn man den Ton mit berücksichtigt, mit dem sie ausgesprochen wurde, wies es auf eine eigene Philosophie voller Bedeutung hin, denn sie basierte auf der Tatsache, dass eigentlich das Leben und die Natur der Wahrheit, die dem Leben seine Richtung gibt, unleugbar paradox sind. Alles, was er wusste, war gleichzeitig ein ›Ja‹ und ein ›Nein‹.«

Ja und Nein sind zwar Gegensätze, aber sie begegnen sich, wenn man um den Erdball fliegt und von hinten kommt. Man kann im Leben bei vielen Fragen ja oder auch nein sagen, es macht keinen Unterschied. Die beiden Wörter sind nur zwei Pole einer Skala. Giordano Bruno, Heraklit und Hegel haben diese Gegensätze, die einander berühren, behandelt.

Mag aber sein, dass in unserem Montalbano-Beispiel der Dialekt befragt werden muss. Vielleicht will Fazio nicht so direkt nein sagen und garniert es mit einem relativierenden Ja, und wenn er ein freudiges Ja meint, sagte er Jaja (sissi). Ein Nein allein ist unhöflich, und auf dem Land wird jemand einem immer irgendwie den Weg weisen, um nicht sagen zu müssen, dass er es nicht weiß.

Dabei merkt man, dies nebenbei bermerkt, dass die Suchmaschinen, zumindest Google, einen nicht ernst nehmen. Was man zusammenschreibt, wird wieder getrennt. Ich meinte aber neinja, verdammt noch mal! Ich will hier nicht bevormundet werden!

 

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