Messin‘ With the Things

Ich war dabei, tagelang die Sachen meiner Mutter für ihren Umzug in eine kleinere Wohnung zu sortieren, sie einzupacken und vor allem: viele wegzuwerfen. Ich dachte über das Messi-Syndrom nach, bekannt aus dem Privatfernsehen, und da fiel mir Messin‘ With the Kid ein in der grandiosen Live-Version von Johnny Winter 1979, die ich mit Freunden in Fernsehen sah, Rockpalast, und er spielte bis sechs Uhr früh.

Aber heute geht es um die things. Meine Mutter hat 28 Jahre munter eingekauft, und nun stapelten sich in Schränken Schüsselchen und Tassen, Vasen und Gläser, Teller und Kerzenständer. Alle sagen ja, ihre Wohnungen und Häuser seien voll, und dann amüsieren sie sich über die Messis, die nichts wegwerfen können und irgendwie mit ihrer Habe verschmolzen sind. Die Grenzen zum Pathologischen sind fließend.

Ich erinnere mich, wie mir François aus Rehetobel von einem Besuch bei einem englischen Fahrradsammler berichtete, dessen Reihenhaus im Inneren nur noch schmale Gänge aufwies, die zu einem Slalom um aufgestapelte Laufräder, Sättel, Rahmen und Lampen zwangen. Das ist eben Fanatismus.

In dieser Gesellschaft geht es so sehr ums Kaufen und Verkaufen, dass man schon nicht mehr weiß, wie anders man Geld verdienen und leben kann. Überall Nippes-Läden und Baumärkte und Garten-Center, ausgestattet mit Tausenden kleinen Dingen, oft billig hergestellt auf anderen Kontinenten. Kosten alle nur ein paar Euro, diese Dinge, und wenn sie aus Plastik sind, dann sind sie schön bunt, und man nimmt sie mit, und hier ist ein Fest und da ein Geburtstag, wo ein kleines Geschenk erwartet wird.

Der westliche Mensch hat, der östliche ist, sagte einmal ein Buschmann. Erwin Fromm hat in den 1970er Jahren das Sein gegenüber dem Haben verteidigt, aber nun hat dieser Konsumhype alles überschwemmt und ertränkt. Die Leute bereden munter, wo und wie sie einkaufen, und dann müssen sie mühevoll den Müll trennen und Bauhöfe anfahren. »Erkenntnis wirft sich an Objekte weg«, hat Adorno geschrieben. Es bleibt jedenfalls nicht viel Energie für Vernünftiges übrig.

Wie kann man viel haben, ohne es zu haben, wie das Tao, das man haben soll, wenn man es hat, als hätte man es nicht? Das wäre die große Kunst. »Nix mitnehma!«, sang Georg Ringsgwandl, und das war kein Befehl, sondern eine Feststellung. Und mein Großvater Max, der kein Weiser war, sondern in Landsberg eine städtische Baukolonne dirigierte, sagte meiner Mutter einmal: »Was du gelernt hast, kann dir keiner nehmen.«

 

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