Unbeschulte Kinder

Es gibt Einrichtungen, denen gelingt es, sakrosankt zu wirken. Die Schule zum Beispiel. Aber wenn man erste Zweifel hat, auch ohne eigene Kinder, und das Problem scharf und konsequent angeht, kommt man zu dem Schluss: Eigentlich schadet sie.

Ich habe da kürzlich in ein Buch von Olivier Keller geschaut, da ging es um unbeschulte Kinder. Denen geht’s gut, wenn sie die richtigen Bezugspersonen haben. Schule dressiert. Kinder müssen still sitzen, dürfen nur reden, wenn sie gefragt werden (dann aber müssen sie reden!), und sie lernen wohl oder übel Zeugs, das sie später nie mehr brauchen.

Das müsste auch nicht so sein: Man könnte Lehrpläne bauen mit Dingen, die sich für später als nützlich erweisen, Freude am Lernen! Kinder sind so neugierig und wollen spielen, aber das wird ihnen ausgetrieben. Nach zehn Jahren in der Schulbank sind die jungen Leute perfekt sozialisierte Bürgerlein, die gelernt haben, dass man etwas Blödes jetzt schnell auswendig lernen muss, damit es eine gute Note gibt und damit man versetzt wird. Da herrscht das pure Nützlichkeitsdenken.

Kinder werden bewertet. Wissen muss qualvoll zu erwerben sein. Kein Wunder, dass so nur kleine Wissensgegner herangezüchtet werden, die ihr Hirn am liebsten ausschalten. Sie sind traumatisiert.

Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir, sagten die alten Römer. Illusionen. Was ich fürs Leben brauche, könnte ich außerhalb der Schule schöner lernen. Lehrer werden bei uns hoch bezahlt, denn sie sind wichtige Agenten des Staates, die mitwirken, den Kindern möglichst viel Leben auszutreiben. Leben stört den routinierten Ablauf der Dinge.

Lehrer sind gestresst, Schüler sind gestresst, alle leiden aneinander … muss das denn sein, meine Güte, wo bleibt der Spassfaktor? Den schaffen die Medien, auch da krampfhaft und ausdauernd, da herrscht wiederum der Druck, unterhaltsam sein zu müssen. Irgendwie alles verkehrt. Es gibt eben kein richtiges Leben im falschen, meinte Adorno.

So betrachtet, wirkt diese schöne neue Welt mit dicken Autos, feinen Eigenheimen und neuesten technischen Errungenschaften armselig und traurig. Die Leute wirken auch nicht glücklich. Der Mensch steht sich selbst im Weg.

 

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