Vaters Jenseits-Rätsel

Heute ist Vatertag, spät fällt mir’s ein. — Ich schaute meine Tagebücher ab 2008 durch, und mir fiel auf, dass es doch ein paar Kontakte zu meinem Vater gab, der am 28. Dezember 1985 gestorben ist und so alt war, wie ich es heute bin. Er hat mir auch ein Rätsel gestellt, das ich für einen untrüglichen Beweis für sein Weiterleben betrachte.

Die erste Eintragung ist vom 29. Juni 2010: Sprach um Mitternacht meinen Vater an. Er möge mich doch besuchen. Beim Radfahren nach Neuenburg fiel’s mir wieder ein: Im Halbschlaf war sein Gesicht ganz direkt vor mir, gesund sah er aus und jung, wie 40. Am 30. November 2011 war er kurz bei mir, am 1. Mai 2012 träumte ich von ihm, gab ihm einen Sprachkurs, und am Ende umarmte ich ihn herzlich. (Rechts: So sah mein Vater 1980 aus. Und hier kommt er auch vor.)

Nun zu dem Rätsel, 20. Oktober 2011. Meine Eintragung:

Von meinem Vater geträumt in Lyon. Ihm geht’s ziemlich gut. Ein Buch von Kipling würde er selber gern mal verlegen, so toll sei das, sagte er. Da kann ich mehr über dich erfahren, meinte ich ergänzend.

Nach meiner Rückkehr von der Reise in Südfrankreich in jenem goldenen Oktober kümmerte ich mich um Kipling, Rudyard (1865-1936), Literatur-Nobelpreisträger 1907. Hat Kim geschrieben und das Dschungelbuch, war der große Dichter des britischen Kolonialismus. Mein Vater las fast nichts. Ich begriff nicht, was er mit Kipling wollte, schaute aber dessen Bücher durch und blieb bei Something about myself hängen, 1937 posthum veröffentlicht. Das musste es sein, da ich ja sagte, ich würde da etwas über ihn (something about …) erfahren.

Meine Eintragung: Something about myself geholt, englisch, und er (Kipling, in dieser seiner Autobiografie) spricht oft mit seinem Vater, they smoked it over, und sein Vater sagte, sie würden in jener Welt später mal tolle Dinge zusammen tun, dass die Erzengel davon träumen würden … wenn der Vater mit dem Sohne, im Jenseits. Freu mich.

Diese Stelle mit dem Vater-Sohn-Kontakt traf mich total. Das war es! Ich hatte Tränen in den Augen, denn mein Vater liebte den Film Wenn der Vater mit dem Sohne mit Heinz Rühmann und wollte gern mehr mit mir unternehmen, und einmal lud er mich auf eine Fahrt nach Passau ein, ich war stinkig und lehnte ab, er fuhr alleine, und später hab ich es bereut. Aber das hier war ein Versprechen: Wir würden im Jenseits einmal wunderbare Dinge zusammen unternehmen. Machen wir, Vati!

Vor allem: Dass sich in dem Kipling-Band diese Stelle fand! Wie man wohl darauf kommt? Eine Erklärung wäre, dass mein Vater im Jenseits zufällig Kipling traf und von seinem Sohn erzählte, worauf Rudyard einfiel: »Da gibt’s eine gute Stelle in meiner Autobiografie. Schick ihm die doch. Aber mach’s ihm nicht zu einfach!«

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