Dante ganz in Weiß

Übernatürliche Erlebnisse sind auf keine Epoche beschränkt. Bei der Durchsicht der Zeitschrift von Giulio und Maria Luisa fand ich zwei schöne Beispiele aus dem Mittelalter, und in einem meldet sich Dante aus dem Jenseits …

Dante Alighieri war 1321 gestorben. Die letzten 13 Gesänge (canti) seiner Göttlichen Kommödie, der Divina Commedia, waren jedoch nicht aufzufinden. Dantes Söhne Jacopo und Pietro stellten das ganze Haus auf den Kopf und sahen wieder und wieder die Papiere des Vaters durch – vergebens. Sollte er das Paradies, den dritten und letzten Teil des epischen Langgedichts, unvollendet gelassen haben?

Acht Monate gingen hin. Eines Morgens erzählte Jacopo einem Schüler seines Vaters, Piero Giardino, er habe in der vergangenen Nacht von seinem Vater geträumt. Der Poet sei in leuchtendes Weiß gekleidet gewesen und eingehüllt in Licht. Jacopo habe ihn im Traum gefragt, ob er das Gedicht vollendet habe, bevor er sich ins wahre Leben aufgemacht habe? Wenn ja, wo fänden sich die fehlenden Teile?

Dante habe im Traum die Hand seines Sohnes ergriffen und ihn ins Studierzimmer seiner letzten Lebenstage geführt, wo er auf eine Mauer wies. Unterhalb einer in die Mauer eingelassenen Matte fand man am nächsten Morgen eine Nische, in der die Zettel lagen, die wegen der Feuchtigkeit schon der Schimmel überfallen hatte. Es hsndelte sich in der Tat um die fehlenden letzten 13 und wichtigsten Gesänge des Paradieses, und das große Werk der Menschheitsgeschichte konnte als fertiggestellt betrachtet werden.

Drehen wir die Zeit weiter und begeben wir uns ins Jahr 1499. Wir sind wieder in Italien. Der Magier und Humanist Marsilio Ficino, 1433 geboren, hatte seinem Freund Michele Mercato, der partout nicht an ein Weiterleben des Menschen nach dem Tod glaubte, gelobt, er werde sich melden und ihm ein Zeichen geben. Solche Pakte sind von vielen geschlossen worden.

In den ersten Augusttagen 1499 war Mercato mit einer Übersetzung aus dem Griechischen beschäftigt, die ihn auch in der Nacht arbeiten ließ. Der Gelehrte hörte unterhalb in der Straße ein Pferd galoppieren und blickte aus dem Fenster: Da stand ein weißes Pferd, und auf ihm sah er seinen Freund Marsilio Ficino, der zu ihm hinaufrief, ja, das Leben nach dem Tod gebe es! Dann setzte sich das Pferd mit Reiter wieder in Marsch und galoppierte davon.

Am nächsten Tag erfuhr Michele Mercato, dass sein Freund eine Stunde vor seinem Erlebnis mit dem Pferd in seiner Villa in Careggi gestorben war.

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.