Glück und Gesellschaft

Bücher übers Glück und wie man es erringt verkaufen sich immer gut. Man will wissen, ob es da ein Rezept gibt, weil heute angeblich alles machbar ist. Ich glaube, Adorno hat mich draufgebracht, und so bietet manipogo wie üblich Gedanken zum Thema, die woanders nicht zu lesen sind.

In dem Stück Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny von Bertolt Brecht sagt Paul Ackermann kurz vor seiner Hinrichtung:

Jetzt erkenne ich: als ich diese Stadt betrat, um mir mit Geld Freude zu kaufen, war mein Untergang besiegelt. Jetzt sitze ich hier und habe doch nichts gehabt. … Die Freude, die ich kaufte, war keine Freude, und die Freiheit für Geld war keine Freiheit. Ich aß und wurde nicht satt, ich trank und wurde durstig. Gebt mir doch ein Glas Wasser!

r001-011So könnten sich am Lebensende viele fühlen. Mit Geld kann man sich nicht alles kaufen, und obendrein zermürben einen die ständigen Ankündigungen und Versprechungen, eine Reise, ein Konzert oder ein Gegenstand würde uns glücklich machen. Immer wieder wird man ernüchtert, weil sich das erhoffte Gefühl nicht einstellt. Theodor W. Adorno weist in seinen Meditationen zur Metaphysik hin auf das Glück, das Namen von Dörfern verheißen (oder die Namen von Städten: Samarkand, Sanaa, Topeka, Bisceglie) und überlegt:

Man glaubt, wenn man hingeht, so wäre man in dem Erfüllten, als ob es wäre. Ist man wirklich dort, so weicht das Versprochene zurück wie der Regenbogen. Dennoch ist man nicht enttäuscht; eher fühlt man, nun wäre man zu nah, und darum sähe man es nicht.

Wenn ein Kind meine, nur in seinem Lieblingsstädtchen gebe es so entzückende, glücklichmachende Dinge, und das stiftet das Modell (…)

eines Begriffs, welcher endlich der der Sache selbst wäre, nicht das Armselige von den Sachen Abgezogene. 

hotelnachtSowas wie ein Zauberwort also, nicht nur die willkürliche Benennung eines Dings. Wiederholt sich der Zauber woanders unter anderen Vorzeichen, dann haben wir den »Begriff des Begriffs«. Glück ist also möglich, ist ein Bestandteil meiner und der Welt, aber es, das Glück, gewährt »das Innere der Gegenstände als diesen zugleich Entrücktes«.

Es ist hier und fern zugleich und hat nichts mit den Glücksvorstellungen der empirischen Gesellschaft zu tun. Das Glück ist jenseits der Zeit und jenseits der Sprache, und man sollte es nicht mit Worten ausdrücken wollen, eher in Bild oder Klang. Ein Mann, der medial begabt und auch eine Nahtoderfahruung hinter sich hatte, sagte in einem Interview, er sei einmal aufgewacht mit einem totalen Wohlgefühl: Alle Zellen seines Körpers seien glücklich gewesen. Als er sich das bewusst gemacht habe, sei das Gefühl weg gewesen.

 

 

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.