Geisterstadt

In den Marken habe ich mich eine Woche aufgehalten. Die Region grenzt an Umbrien und hat eine schöne Meeresküste. Die Stadt war Camerino im Landesinneren, etwa 60 Kilometer westlich von Ancona. Die Universität floriert, doch das auf einem Hügel thronende Stadtzentrum liegt verödet da, und das seit mehr als 6 Jahren, als ein Erdbeben die Marken heimsuchte.

Es war nicht nur ein Erdbeben, sondern vermutlich mehrere hundert Erdstöße waren es, die an drei Tagen besonders stark ausfielen und in der Zahl 6,5 auf der Richter-Skala gipfelten. Am 24. August 2016 fegten sie Amatrice weg, und 300 Menschen starben. Am 26. und am 30. Oktober war dann auch Camerino und waren viele andere Gemeinden der Marken betroffen. Sogar im 200 Kilometer entfernten Rom spürte man ein Zittern.

Der Kirchturm rechts fiel nach links und zertrümmerte teilweise ein Haus

Der Kirchturm rechts fiel nach links und zertrümmerte teilweise ein Haus

Die Spitze des Glockenturms der Kirche Madonna delle Carcere

Die Spitze des Glockenturms der Kirche Madonna delle Carcere

Menschen kamen nicht zu Schaden. Bei Wikipedia heißt es so vage wie begütigend:

Die Erdbeben der zurückliegenden Jahrhunderte richteten wie zuletzt beim Erdbeben in Mittelitalien wiederholt große Schäden an; dennoch ist bis heute die einstige Blüte des Herzogtums erkennbar. 

Die Innenstadt ist seit etwa zwei Monaten wieder ganz begehbar, aber Leute trifft man nicht. Da wohnt kein Mensch mehr. Alle sind sie geflüchtet. Die Fenster sind mit Hölzern verrammelt, die Häuser mit fingerdicken Eisenkabeln umzurrt worden. Arbeiten sind im Gange, doch man will gar nicht daran denken, wie lange es dauern mag, bis Camerino wieder die Alte ist. L’Aquila hat sich auch nach 13 Jahren nicht von den Schäden des schweren Bebens erholt. Und ist man dann fertig, kommt vielleicht das nächste Erdbeben …

Verriegelt und verrammelt

Verriegelt und verrammelt

Hier war früher ein Hochzeitsfotograf tätig

Hier war früher ein Hochzeitsfotograf tätig

Wie mag es drinnen aussehen?

Wie mag es drinnen aussehen?

Gut gestützt: eine Kirche

Gut gestützt: eine Kirche

Die Uhr blieb stehen ... Irgendwann hatte sie keine Lust mehr

Die Uhr blieb stehen … Irgendwann hatte sie keine Lust mehr

Auf dem Hauptplatz stehen acht kleine Autos der Carabinieri, deren Fahrer hier anscheinend zu tun haben: was auch immer. Wo keine Menschen sind, braucht man eigentlich keine Polizisten. Ein Uniformierter schaute interessiert zu uns herüber, den Geisterstadttouristen. Dahinter das Zwei-Sterne-Hotel »Roma« mit Restaurant und einem Kino darunter. Alles verwaist. Morgen machen wir noch eine Tour durch die Stadt. — Die Fotos sind übrigens von Fabiano Nulli Genovi gemacht worden, der mich durch die Stadt führte. 

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