Der Realitätstest

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung unterzieht den Sonntags-Tatort, dieses Juwel deutschen Fernsehschaffens mit packenden Szenen an betörenden Schauplätzen, jeweils einem Realitätstest. Man fragt die Polizei, ob die Ermittlungsarbeit korrekt verlief und ob das Drumherum stimmt.

Krimis sind keine Kunst; sie sollen das Leben möglichst originalgetreu reproduzieren. Alles muss richtig sein! Das erwarten die Leute. Im Krimi-Genre sind die Parameter festgeklopft; es sind nur noch die Lücken aufzufüllen, und realistisch muss es sein. Aber dann war der letzte Krimi, den ich sah, der Münchner Tatort Der Wüstensohn von Mitte September, wieder höchst irrational. Okkulte orientalische Mächte, ein märchenhaft reicher Prinz, Drogen und Waffenexport und leichte Mädchen, – also ein Cocktail für den Bürger, der gern hört, dass der Prinz alles hat, alles darf, alles kann, aber doch nicht frei ist. Wie wir.

Überall trifft man auf Leute, die gut geerdet sind und überall Informationen darüber einholen, was etwas kostet, wie lange es dauert oder wie es funktioniert. Sie kennen anscheinend die Zukunft. Der Arzt weiß, wie lange die Heilung dauert, der Banker kennt die Trends bei den Geldanlagen, aber dies alles sind nur Wahrscheinlichkeiten, die Unvorhergesehenes nicht fassen können. Das alles blockiert und determiniert uns und ist nur – wie im Tatort aus München – bornierter Realismus in dem irrationalen Setting, das das Leben ist.

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