Mach’s gut, Armando

Ein letztes Mal habe ich Armando Basile am Montag getroffen, bevor er vermutlich wieder auf Reisen geht. Mach#s gut, Armando! Drei Monate kam ich bei ihm einmal oder zwei Mal in der Woche vorbei, immer mit dem Rad, und er erzählte mir von seinen Reisen der vergangenen 35 Jahre. Wir wollen ein Buch daraus machen.

Ich habe ja des öfteren von dem süditaienischen Radfahrer erzählt und es dabei nicht an Bewunderung fehlen lassen. Als sich eines Herbsts unsere Wege mal wieder kreuzten, rief ich etwas unüberlegt: »Wenn du 70 bist, machen wir ein Buch aus deinem Leben.« Dann trafen wir uns wieder, er erinnerte mich an meine Worte, und ich hielt mich daran. Jemand, der 1,2 Millionen Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt hat – mutmaßlich mehr als je ein Mensch zuvor -, verdient wirklich ein Buch. Vielleicht finden wir ja keinen Verleger, aber wir müssen es versuchen.

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Das Material ist im Kasten und Armando auf dem Sprung. »Ich bin schon wieder viel zu lange hier«, gestand er mir. »Seit 2006 habe ich keinen Winter mehr in Deutshland verbracht. Es ist kalt, und ich muss die Straße vor mir haben, will wieder Paris und Lyon sehen, Leute kennenlernern., im Zelt schlafen.« Dennoch: Im kalten Februar ist er 3000 Kilometer gefahren, und ich frage mich: Was treibt einen an, der am Morgen, wenn draußen minus 5 Grad herrschen, um 5 Uhr aufsteht und um 6 mit dem Rad in die Kälte fährt, um 12 Stunden später nach 150 Kilometern wieder zurückzukommen … wo er doch im warmen Bettlein liegenbleiben, dann frühstücken und ein gutes Buch lesen könnte?

Ja, diesen bescheidenen, gutmütigen Menschen erforschen, der auf andere zugeht, an der Tankstelle sein Zelt aufschlägt und am nächsten Morgen früh weiterfährt … der immerzu fährt, der noch mit 70 Jahren an einem Tag 200 Kilometer in Australien zurücklegt, um dann nach Mitternacht vor einem Roadhouse sich zur Ruhe zu legen. Im April will er nach Spanien, ab Juni dann in die USA, um von Washington Richtung Westen zu reiten (Go west!) bis Colorado.

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Er nennt sich ja einen alten Cowboy, isst am liebsten Bohnen und Bananen und will noch lange weiterfahren. Für die 1,2 Millionen Kilometer hat er 35 Jahre gebraucht, und um die 2 Millionen zu schaffen, müsste er wohl weitere 22 Jahre veranschlagen, sollte also mit 93 noch aktiv sein. Immerhin, Armando gibt uns ein Beispiel, was einem durchtrainierten Körper möglich ist.

Freilich, er trinkt keinen Alkohol und nicht einmal Kaffee, raucht nicht und lebt spartanisch: ohne Fernsehen, Handy, Musik. Seine Welt ist die ganze Welt, und seine Dachkammer in Heitersheim steckt voll mit Tagebüchern, Landkarten und Souvenirs. Sie ist sozusagen seine Außenwelt nach innen gestülpt, und wenn er nicht radfährt, schwelgt er in Erinnerungen, die er wie ein Deutscher präzisest dokumentiert hat, oder er plant neue Reisen.

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Wenn er im südlichen USA unterwegs ist, habe ich Zeit, seine Erzählungen zu einem Buch zu ordnen. Im Herbst will ich fertig sein. Hoffen wir, dass Armando Basile, der liebenswerte »Dauerradler«, noch lange lange fahren kann, am liebsten Jahrzehnte, bis er auf den »postman« trifft, den »scyther«, den berüchtigten »Radler auf leisen Reifen«, der immer am Sonntag auf der schattengestreiften Allee von Casuarinas trainiert, wie Derek Walcott geschrieben hat, der ihn schließlich auch traf.

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