Ein aufrechter Mann

Am zweiten Advent etwas Christliches: Pater Rupert Mayer sel. ist in München immer noch eine wichtige Gestalt der neueren Geschichte. Er verkörperte die Kraft christlichen Glaubens, wandte sich gegen die Nazis und war viele Jahre inhaftiert. An Allerheiligen 1945 hielt er, schwer krank,  in München noch eine Messe, stand – einbeinig, er war im Ersten Weltkrieg verwundet worden – am Altar und sagte „der Herr … der Herr … der Herr“ und verstummte.  Man brachte ihn ins Krankenhaus, wo er am nächsten Morgen starb.

Meine Mutter hatte ein Büchlein über Pater Rupert Mayer aufgetan und mir in höchsten Tönen davon berichtet. Also las ich das 1975 erschienene Taschenbüchlein von Paul Riesterer SJ. Rupert Mayer wurde  am 23. Januar 1876 in Stuttgart geboren, war ein sehr guter Schüler, der gern ritt und sich immer für Religion interessierte. Er studierte in München und Tübingen Theologie und wurde 1899 zum Priester geweiht. 1900 trat er in das Noviziat der Gesellschaft Jesu ein. Nach fünf Jahren in Pfarreien kam er 1912 nach München, um in der »Zuwandererseelsorge« zu arbeiten.  

Ein Monsignore erinnerte später an den jugendlichen Pater, der »mit der Mappe unter dem Arm, mit eilendem Schritt und fliegendem Mantel zu uns in die Vorstadt gekommen ist«. Ende August ging er als Divisionspfarrer in den Krieg und wirkte unermüdlich in den Vogesen, hörte Beichte, half beim Transport von Verwundeten und stand immer wieder bei den Soldaten – bis er am 30. November 1916 schwer verwundet wurde: Durch eine Granate verlor er sein linkes Bein. 

Ab 1920 ging er in München in die Versammlungen der Parteien voller aufgehetzter Menschen, mußte sich als »Saupfaff, elendiglicher« beschimpfen lassen, erhob aber immer wieder das Wort: »Gesund machen kann unser Volk nicht der Revolver, nicht die rohe Gewalt, nicht die Gummischläuche, nicht die Totschläger, gesund machen kann unser Volk allein die christliche Liebe.« Pater Mayer predigte 70 Mal im Monat, führte den Bahnhofsgottesdienst ein und war schier überall. Der Generalvikar ernannte ihn Ende 1921 zum Präses der Marianischen Bürgerkongregation, die, 1610 gegründet, 3800 Mitglieder hatte, und 7000, als die Nazis an die Macht kamen. (Bild: bei der Fronleichnamsprozession in München 1938, aus dem Buch.)  

Nach einer Kundgebung der NSDAP fragte ihn ein begeisterter Bürger um seine Meinung zum Hauptredner. Der Pater sagte: »Hitler ist ein ausgezeichneter Volksredner, aber er hetzt und nimmt es mit der Wahrheit nicht allzu genau.« 1923 bekundete er öffentlich in einer Versammlung im Bürgerbräu: »Ich werde Ihnen nun ganz klar sagen, dass ein deutscher Katholik niemals Nationalsozialist sein kann.« Deren Aufmärsche und Paraden ignorierte er. Wer mit den Nazis Kompromisse machte, verlor die Freundschaft dieses sonst so sanftmütigen Mannes. 

1936 erlegten die Nazis ihm ein Redeverbot auf. Aber Pater Mayer hielt ja keine Reden, er predigte. Also 14 Tage später ein Predigt-Verbot. Er ignorierte es, wurde verurteilt und mußte am 5. Januar 1938 für 5 Monate nach Landsberg am Lech ins Gefängnis. Vor Weihnachten 1939 verhaftete ihn die Gestapo erneut und schickte ihn bis August 1940 ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Pater Mayer war ein beliebter Mann, ein wichtiger Kirchenmann noch dazu, darum wurde er schonend behandelt. Die Nazis wollten seinen Tod nicht riskieren.  (Bild: Pater Mayer in der Gefangenenanstalt Landsberg am Lech) Dann setzte ihn die Gestapo in einen Zug und wies ihm das Gästezimmer Nr. 6 im Kloster Ettal an.

Das Ordinariat hatte folgendem Passus zugestimmt: »P. Mayer darf in keiner Weise mit der Außenwelt in Berührung kommen. Zu diesem Zweck ist dafür zu sorgen, dass er das Kloster nicht verlässt.« Der dynamische Priester litt unter der Einsamkeit. Er betete viel. Einmal schrieb er aus Ettal über ein spirituelles Erlebnis: »Die Seele hat das Gefühl, als ob sie für Augenblicke untergetaucht würde in ein Meer unbeschreiblicher Seligkeit. Das ist ein kleines Vorspiel dessen, was die Menschenseele in Reich des ewigen Lichts einmal erwartet.«  

In dem Buch heißt es: »Im Kloster Ettal sagte er öfters dem Bruder, der sich am Abend von ihm verabschiedete: ›Wieder ein Tag näher dem Himmel!‹«  Das ist die richtige Einstellung! Am 30. April 1945 wurde München von der US-Armee eingenommen. Aber Pater Rupert Mayer war körperlich am Ende. Als er am Altar nicht mehr weiterreden konnte, war er knapp 70 Jahre alt, als er am Altar starb. Im Mai 1987 wurde er im Münchner Olympiastadion von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

      

 

 

 

 

 

     

 

 

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