Der Mönch in Dir

Längst vorbei, das Festival der klösterlichen Lebenskultur in Hannover, ausgerichtet durch die Mönche der Cella Sankt Benedikt. Von 20. September bis 6. Oktober war es. Festival ist nicht gerade ein Wort, das zum Kloster passt, und Entdecke den Mönch in Dir …, das Motto des Festivals, klingt unfreiwillig komisch. Die Marketingwut hat alle erfasst, niemand will zurückbleiben; doch natürlich fehlt es den Klöstern an Nachwuchs. 

Wenn eine Professorin für praktische Theologie über Urbane Mystiker spricht und die Frage Wie kannst du heute Mönch sein?, dann wird das so angekündigt:

Der Mönch in Dir ruft Dich zum eigentlichen Leben. Du musst nichts Anderes und niemand Anderes werden als Du bereits bist. In Dir steckt ein Potential, das die Gesellschaft noch nicht entwickelt hat. Der Vortrag gibt Dir Tipps, wie Du vom Hamsterrad der bedingten, zeitweisen Glücksmomente in ein himmlisches Stadium der menschlichen Entwicklung gelangst. Es geht um Deine eigene Potentialentwicklung. Die frühe Kirche sprach sogar von »Vergöttlichung«, Bischof Athanasius der Große (4. Jh.) meinte: »Gott wurde Mensch, damit wir vergöttlicht werden.«

afrika1Für die letzten Aussagen, dem Athanasius zugeschrieben, hätte man in manchen Perioden als Ketzer(in) verbrannt werden können. Aber Athanasius war ein frommer Streiter gegen die Arianer, und da man im Konzil von Nizäa Jesus Christus zu Gott erklären wollte, waren auch kernige Aussagen erlaubt. Der Rest klingt ziemlich nach Esoterik; da wird auch immer gepredigt: Befreie dein Potenzial! Die Leute wollen das mit einem Seminar erreichen. Dass man im Kloster für den himmlichen Zustand und die Seligkeit Jahrzehnte brauchen könnte, wird einfach unterschlagen. Klingt halt vollmundig und wie Werbung, was es ja auch ist. Man kann es auch für unseriös halten, aber auch das gehört zum Paket.

Alle machen mit, und die Kirche hatte immer gute PR-Leute. Die Klöster sind jedoch die einzigen Institutionen, die nicht mitmachen sollten.

DSCN4026Das Klosterleben braucht man nicht zu verklären. Es besteht aus Entsagung und Unterordnung. Wer aus der Reihe tanzt, wird gemaßregelt. Viele Nonnen, auch später heilig gesprochene, wurde von ihren Mitschwestern verfolgt und gepeinigt. Und Mönch ist nicht nur der sanfte Franz von Assisi mit seinem Sonnengesang, sondern auch der mächtige Bernhard von Clairvaux (1090-1153), der mit seinen Predigten die Leute für die Kreuzzüge begeisterte (auch hier war er, in Bad Krozingen). Gewalt gehörte dazu, und wer teilnahm, dem versprach er, ihm seien die Sünden erlassen. Einen Moslem zu enthaupten, war dann womöglich nicht einmal eine Todsünde. Ach ja, flöten da manche, war halt Mittelalter. Franz von Assisi, 30 Jahre nach Bernhards Tod geboren, dachte anders. Es war möglich.

Das Kloster im eigenen Leben entdecken – dazu wollte ein Professor und Benediktinermönch mit einem Vortrag mithelfen.

afrika2Wer im Kloster lebt, ist nicht weltfremd, und wer mitten in der Welt, der Familie oder im Beruf steht, kann den Mönch in sich selbst endecken. Die Sehnsucht nach einem anderen Leben ist der Anreiz für jede Spiritualität. Sie braucht Raum und Zeit.  (…) Welche mönchische Sehnsucht leben heutige Künstler?

Niemand will heute weltfremd sein. Alle am Puls der Zeit, den Finger auf dem Smartphone. Alles wird auf den Marktplatz getrieben, schöne Konzepte werden profaniert und zerredet. Jesus hätte diese Händler des Mönchischen aus dem Tempel vertrieben, mit vielen anderen. Der Mönch, das ist klar, lebt mit anderen Mönchen. Das ist ein Problem. Lieber wäre ich Eremit, wäre alleine und weltfremd.

 

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