Die Helfer (5): Geister befehlen

Der Autor Robert Hadfield  (The Phantom Ship, 1937) sammelte viel zu dem Thema und hat auch klare, unerklärliche Eingriffe von Geistern zu bieten. Weitere Beispiele stammen aus Interviews, die der isländische Parapsychologe Erlendur Haraldsson mit Isländern geführt hat. Auszüge daraus stehen in dem Buch The Departed among the Living (2012, White Crow Books). Da in Island viele vom Fischfang lebten oder sich auf Schiffen verdingten, spielt sie bei Geistererscheinungen eine beträchtliche Rolle.

Hadfield gibt Erzählungen von Geistererscheinungen wieder (apparitions). Mr X — jemand, der anonym bleiben wollte — traf einen Mann, den er den »Fremden« nannte. Einen Grund dafür wird er gehabt haben. Der Fremde warnt X noch an Land davor, das Schiff Cintra zu verlassen und die Birksgate zu besteigen. Letzteres Schiff war beliebt und segelte durch die Inselwelt von Queensland. Als Mr X auf der Birksgate den Kapitän aufsuchen wollte, tippte ihm der Fremde auf die Schulter und sagte ernst: »Mach den Transfer nicht. Bleib bei der Cintra.« Mr. X folgte dem Rat. Die Hälfte der Passagiere auf der Birksgate starb später, weil die Besatzung vergifteten Fisch gefangen und zubereitet hatte.

Der Zeitschrift Psychological Review aus dem Jahr 1882 entnahm Hadfield die folgende Geschichte. Ein Mann gab wieder, was ihm ein befreundeter Schiffskapitän erzählt hatte. Am nächsten Mittag sollte Land in Sicht kommen, und während der zweiten Wache zog der Kapitän sich in die Kabine zurück mit der Anweisung, der Maat solle ihn rufen, wenn etwas Ungewöhnliches geschehe. Er  war bald eingeschlafen, als er hörte, wie mit lauter Stimme sein Name gerufen wurde. Augenblicklich war er aus dem Bett. Schwerer Nebel lag auf Deck, aber der Maat hatte ihn nicht gerufen.

Beim nächsten Einschlafversuch hörte er die Stimme: »Kapitän, man braucht Sie.« Wiederum versicherte ihm der Maat, dass er nicht gerufen hätte. Der Nebel sei nicht schlimm, er könne die Sterne sehen. Nun warf sich der Kapitän angezogen aufs Sofa – und hörte mit vorwurfsvollem Ton: »Kapitän, du wirst dein Schiff verlieren, wenn du nicht auf Deck gehst.« Er erinnerte sich:

Das ließ keinen Widerspruch zu. Ich war nicht mit dem Bericht des Maats zufrieden, dass alles in Ordnung sei. Ich schnappte mir das Fernglas, mein Blick durchdrang den Nebel, der sich rasch verzog, und zu meinem Schrecken sah ich die weißen Wogen sich an der Küste brechen. Ohne diese rechtzeitig Warnung wären wir keine Viertelstunde später gestrandet.

Geister sind anscheinend hartnäckig, und meistens warnen sie drei Mal – wie im Fall von Kapitän Rogers, der 1664 auf der Society von England nach Virginia fuhr. 300 Meilen von der Küste entfernt, begab er sich zur Ruhe, als eine Stimme sich meldete und ihm Bescheid gab, er möge sich etwas umsehen. Wessen Stimme es war, wusste Rogers nicht. Alles war in Ordnung. Auch beim zweiten Mal konnte der Kapitän nichts Merkwürdiges feststellen. Nach dem dritten Mal jedoch beschloss er, zu loten, und plötzlich waren nur noch sieben Faden Platz zwischen dem Kiel und dem Meeresboden (ein Faden sind zwei Yard, also rund 1,88 Meter), also keine 12 Meter mehr.

Aus einem Buch von Thomas Lowell kommt die Geschichte über ein Schiff, das in einer märchenhaften Nacht in den Tropen dahinsegelte. Der Steuermann hielt südwestlichen Kurs. Der Maat saß auf dem Deck und blickte zu den Sternen auf. Plötzlich gab jemand den Befehl: »Steuere Süd-Süd-West!« Der Steuermann tat es. Der Skipper wies ihn bald danach zurecht, und der Steuermann rechtfertigte sich damit, jemand habe den Befehl erteilt. Ob er es gewesen sei, fragte der Kapitän. »Nein« , musste der Untergebene antworten, der eine halbe Stunde später wieder den Kurs änderte, wie ihm die Stimme erneut befahl. Der Kapitän fragte, ob er meutern wolle? Es sei ihm so befohlen worden, beharrte der Steuermann. Der Kapitän beorderte Charley ans Ruder. Auch Charley steuerte alsbald Kurs Süd-Süd-West. Schließlich lenkte auch der Kapitän ein: Womöglich handelte es sich wirklich um etwas Mysteriöses, Übernatürliches. Er gab nach.

Am nächsten Morgen stießen sie auf ein Boot mit zwölf Mann, die dem Verdursten nahe waren. Einer der Männer war seit zwei Tagen bewusstlos  und sagte nach dem Aufwachen, seine Seele sei anderswo gewesen. Charley sah dessen Gesicht und sagte erschrocken dem Kapitän, das sei der Mann gewesen, der ihm den Befehl gegeben habe, und irgendwie konnte sich der Schiffbrüchige daran erinnern.

Nun zu den Erzählungen aus Island.

Ein Seemann kreuzte bei schlechtem Wetter eine Bucht von Faxabay nach Arnarstapi. Das Boot füllte sich immer wieder mit Wasser, sie hatten keine Ausrüstung, und so war die Lage hoffnungslos. Sein Partner lag erschöpft und müde nur noch da, und auch er war todmüde.

Dann erschien ein Mann am Bug. Ich weiß bis zum heutigen Tag, wie er gekleidet war. Er trug Jeans und ein grün-kariertes Hemd, und er hatte graue Haare. Ich kannte ihn nicht. … Ich dachte, dass es ganz normal war, dass er hier war, aber seltsam war schon, wie mutig er da im wilden Sturm stand, während sich die Wellen am Boot brachen. Er sprach zu mir, aber ich verstand kein Wort. Er wurde sehr wütend, als er begriff, dass ich aufgeben wollte. Jedes Mal, wenn ich einschlafen wollte, holte er einen Schlüssel hervor und zeigte die Richtung, in die ich steuern sollte. Ich tat, was er wollte und verstand überhaupt nichts. Das Außergewöhnliche war, dass ich in Arnarstapi landete, an dem Riff glücklich vorbeikam und am Dock vor Anker ging. Und das war alles das Tun dieses Mannes … Ich erzählte meiner Mutter davon, und sie sagte mir, der Mann sei ein Ingenieur gewesen, ein Freund meines Vaters, und dass er tot war … Oh, natürlich, ich hatte ihn früher gesehen, nur fiel mir das damals nicht ein.

Öfter fällt den Zeugen erst später auf, wer der Geist war; der Schrecken hindert am Denken, und vielleicht sah der Geist tatsächlich jünger aus als zur Zeit seines Todes.

Und damit machen wir morgen weiter.

 

 

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