Metallotherapie

Bei Romano stand ich vor dem Bücherschrank, griff mir einen 50 Jahre alten Band über Hypnose heraus und las ihn durch. So stieß ich auf die »Metallotherapie» des französischen Arztes V. Burq (1823-1884), und die fand ich interessant. 

Leon Chertok schrieb in seinem Buch:

service-pnp-matpc-22800-22867r»Die Wirkung von Metallen auf Hysteriker wurde von Burq um 1850 entdeckt. Er hatte beobachtet, dass eine Somnambule in Erstarrung verfiel, wenn sie eine Klinke aus Messing berührte. Burq studierte die Metalloskopie 25 Jahre lang, und eine französische Kommission, an der auch Charcot teilnahm, bestätigte 1877 seine Ergebnisse. … Die Elektrizität diente ebenfalls dazu, den Somnambulismus, die Katalepsie oder die Lethargie auszulösen.«

Somnambulismus ist eine Art Trance und Katalepsie eine vollständige Erstarrung. Es hat immer Menschen gegeben, an deren Körper Metallgegenstände hängenblieben. Wir sind im Grund elektrisch geladene Wesen, und Elektrizität erzeugt immer ein Magnetfeld. Eisen, Nickel und Kobalt sind magnetische Metalle und können zur Stromerzeugung und Datenspeicherung dienen. Die Wirkung der Heiler und Handaufleger ist auch meist magnetisch.

Bei Wikisource war ein Auszug aus der Zeitschrift »Die Gartenlaube« zu finden. Ein Autor namens Carus Sterne stellte das Phänomen vor. Professor Schiff aus Genf und andere deutsche Autoritäten auf dem Gebiet der Nervenheilkunde seien überzeugt von der Metallotherapie. (Als Metalloskopie bezeichnet man das Aufspüren von Metallen, wichtig für die Rutengänger.) Früher hätten Menschen Amulette aus Gold oder Bronze um den Hals getragen, um sich vor Krankheiten zu schützen.

Auch Franz Anton Mesmer, der mit seinem tierischen Magnetismus das Fundament der Hypnose schuf, habe damit begonnen, die Glieder von Kranken mit Stahlmagneten zu bestreichen. Metall half oft gegen Krämpfe. Der Freiherr von Reichenbach, der das »Od« propagierte (eine Art Nervenkraft), experimentierte mit elektropositiven und -negativen Stoffen.

Die Metallotherapie konnte sich nicht halten, wie überhaupt die ganze Hypnose 1893 mit dem Tod von Charcot in Frankreich total von der Bildfläche verschwand. Im 19. Jahrhundert versuchte man mit allen möglichen Mitteln gegen Nervenkrankheiten vorzugehen, ohne ein theoretisches Gerüst zu besitzen. Die Frage ist natürlich, ob wir heute weiter sind. Ich fürchte, nein.

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.