Der thierische Magnetismus

Über Mesmer (Franz Anton) habe ich schon ein paar Mal geschrieben, aber es hat mich nicht überzeugt. Was er wirklich geglaubt und gefunden hat, kam nicht richtig heraus. Noch einmal Der animale Magnetismus von Emil Schneider gelesen, und nun versuchen wir, das Gelesene mit eigenen Worten dazulegen. Damit’s klarer wird.  

Franz Anton Mesmer wurde am 23. Mai 1734 geboren, 1765 Doktor und starb 1815 am Bodensee, 81 Jahre alt. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit dem Einfluss der Planeten auf den Menschen. Man weiß, dass Menschen bei Vollmond leicht erregt werden, und man kennt Ebbe und Flut, die durch die Wirkung der Anziehungskraft des Mondes entstehen.

Krankheit war für Mesmer eine gestörte Harmonie, die durch Magnete oder die »Passes« — man strich mit den Händen leicht über den Körper, von oben nach unten, zu den Extremitäten hin — repariert werden können. Der animale oder thierische Magnetismus war für Mesmer ein Vermögen des Menschen, eine Fähigkeit. Der Kranke reagierte auf den Magneten, der Gesunde nicht; er hatte es nicht nötig.

ValentingreatrakeMesmer erkannte, dass Menschen auf andere Menschen wirken. Schon früh gab es Heiler und Heilerinnen und Handaufleger und wirkungsvolle Ärzte und Ärztinnen — Menschen mit großer Ausstrahlung oder Charisma, und Mesmer selbst argwöhnte, der gute Magnetiseur besitze mehr Energie und Lebenskraft als andere. Er gebe davon ab, was ihn schwäche. (Rechts ein Vorläufer: Valentin Greatrakes)

Was übertrug sich da? Mesmer sprach von der Allflut, was für ihn Wasser, Luft und Äther darstellten. Als erster machte er sich Gedanken darüber. Denn er trat auf, strich über einen Magen, der Betreffende krümmte sich, schrie und wurde gesund. Was geschah da? Die 018moderne Medizin erkannte, dass der Mensch im Grunde elektrisch ist und nach außen strahlt, und die Physik bekannte, dass alles Strahlung sei. Im 19. Jahrhundert sprachen Rochas und Reichenbach von der Ausscheidung des Empfindungsvermögens, und sie bewiesen durch Experimente, dass jemand einen anderen zu beeinflussen in der Lage ist. Eine Krankheit gehe erst durch eine Krise, dann erst könne der Patient geheilt werden. (So sagte man früher: Die Krankheit spricht sich aus.)

Die Ärzte griffen Mesmer immer an. Zu seiner Zeit Ende des 18. Jahrhunderts herrschte immer noch die Vorstellung von körperinneren Säften, die bei Gesundheit im Gleichgewicht oder (bei Krankheit) in Unordnung geraten seien. Das war natürlich Unfug, aber Ärzte haben immer mit unheiliger Härte alle verfolgt, die ihren Unfug nicht glauben mochten. Denn Ärzte halten sich für Abgesandte des Heiligen (heute der naturwissenschaftlichen, der evidenzbasierten Medizin) und meinen stets, im Recht zu sein. Wieviele Heiler wurden verfolgt und ruiniert! Auch heute versucht der deutsche Gesundheitsminister als braver Frontmann der Ärzteschaft, Homöopathen und Heilpraktiker zu diskreditieren. Das hat eine jahrhundertealte Tradition.

Natürlich halten Ärzte auch Hypnose für Schwachsinn. Damals kam lang nach Mesmer James Braid aus Manchester (1836) auf die Hypnose. Schon zu Mesmers Zeiten waren Kranke in einen somnambulen oder magnetischen Schlaf verfallen und hatten aus ihm heraus diktiert, was ihnen bei der Gesundung helfen würde. Sie wussten es also tief innen drin selber. Leider wollten alle immer schöne spektakuläre Erfolge, statt, wie Mesmer es sich gewünscht hätte, ruhig zu forschen und Schritt für Schritt zu gehen.

Durch den Magnetismus geschahen viele Heilungen. Das darf man nicht vergessen. Mit Hypnose konnte schmerzfrei operiert werden — einige Jahre lang, bis der Äther als Lokalnarkotikum eingesetzt wurde. Mit Elektroschocks, Gehirnoperationen und Zwangsmaßnahmen traktierte man 150 Jahre lang Psychiatriepatienten, bis die Psychopharmaka aufkamen. Geheilt werden damit wenige. Sie stören nur weniger. Alles klingt immer gut, solange man nicht genauer hinschaut.

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