Depesche aus dem Jenseits

An so einem Buchtitel (wie oben) kann ich nicht vorbeigehen. Die Titelgeschichte ist auch gut, der Rest eher mäßig und grob oder eher: simpel geschrieben. Wie für 15-Jährige. Aber nur die Geschichte ist zu wenig; vieles hängt mit vielem zusammen, und hier gibt’s eine Vor-Geschichte.

Es ist die deutsche Übersetzung eines Buches von Pierre Bellemare (feiner Name: Schönmeer!), der von 1929 bis 2018 lebte. Er war Journalist und hatte den Einfall zu einer Fernseh-Serie, die dann Les dossiers extraordinaires hieß. Bei Europe 1 läuft sie immer noch! Bellemares Team soll in 40 Jahren 3500 Geschichten ausgegraben und vorgestellt haben. Meist geht es um Schräges, Paranormales, Okkultes, Sensationelles.

1982 gab es mal eine Serie in Deutschland, die Unglaubliche Geschichten hieß. Rainer Holbe (1940 geboren) hat das bei RTL als Serie dann moderiert und bis 1988 weitergeführt. Ab 1992 hieß sie dann Phantastische Phänomene. Ich hatte das Gefühl, dass ab 1994 Psi bei uns verschwunden ist; in jenem Jahr gab es sogar noch eine Talkshow zu paranormalen Phänomenen.

DSCN3448Die Depesche aus dem Jenseits spielt im Jahr 1915 in Tunesien nahe der ägyptischen Grenze. Es ist der Erste Weltkrieg. Hauptmann Marchall und seine 34 Männer sitzen in der Falle, in einem Fort. Draußen wartet der Feind, um sie abzuschlachten. Nur noch wenig Munition ist übrig, 20 Kugeln pro Mann. Am nächsten Morgen wird ein Angriff befürchtet.

Marchalls Urgroßvater begleitete 1798 die Expedition Napoleons nach Ägypten und verlor dort sein Leben. Sein Urenkel wird wohl sein Schicksal teilen. Es gibt nichts mehr zu essen und zu trinken. Plötzlich kommt Besuch: ein uralter Araber, gehüllt in einen Burnus. Er will einen wichtigen Brief überbringen. Ob er Hauptmann Marchall sei? — Ja. — Da freut sich der alte Araber sehr. Er sagt: »Mein Vater hätte dir den Brief gern selber gegeben …« Sein Vater? Wenn der Alte 80 ist …

r001-004»Mein lieber Marchall!« steht da, und unterzeichnet sind die Zeilen mit Napoleon Bonaparte, 1798. Der 22-jährige Maluk sollte den Brief übergeben, doch Marchall war damals längst mit seinen Leuten weg. Maluk findet ihn nicht mehr und stirbt mit 98 Jahren. Sein Sohn verspricht ihm, den Brief  Marchall auszuhändigen. 41 Jahre folgt der Sohn den Spuren seines Vaters und findet 1915 den berühmten Hauptmann Marchall. Der Brief hat nach 117 Jahren seinen Adressaten erreicht; oder besser: den Nachkommen des Adressaten.

Der Hauptmann liest also den Brief:

Unverzüglich nach Empfang dieses Befehls, den ich Ihnen durch diesen jungen Eingeborenen übermittle, holen Sie die eisernen Kisten heraus, die unter dem linken Tor der Festung in 3 Metern Tiefe vergraben sind. In den Kisten befinden sich Waffen und Munition, außerdem finden Sie Kanonen und Schießpulver. Verlassen Sie sofort mit dem Regiment das Lager und ziehen Sie sich Richtung ägyptische Grenze zurück. … Die 5 Wasserstellen sind genau markiert. Ich erwarte Sie! Gezeichnet: Napoleon BONAPARTE. 

Die 35 Männer beginnen zu graben. Sie finden alles. Mit Waffen aus dem 18. Jahrhundert halten sie die Türken in Schach und verschwinden. Nach 5 Tagen erreicht der Trupp um Hauptmann Marchall das Lager der alliierten Truppen, denn die Wasserstellen waren auf der Zeichnung korrekt angegeben, und der alte Bote ist bei ihnen.

 

Ob das wirklich wahr ist, muss uns nicht interessieren. Der Italiener sagt: »Se non è vero, è ben trovato!« (Und wenn’s auch nicht wahr sein sollte — gut erfunden ist es.) Manche Missionen verzögern sich um ein paar Generationen, aber wichtig ist, dass sie erledigt werden: Mission accomplished!

 

 

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