TestpilotInnen (62): Die Zweifler

Zwischendurch fragte ich mich, ob der katholische Herder-Verlag in Freiburg wohl etwas über Nahtod-Erfahrungen hat. Ja! Berichte aus dem Jenseits: Mythos und Realität der Nahtod-Erfahrungen, 1999. Das ist lang her. Herrn Knoblauch habe ich mal kennengelernt, den Soziologen, sympathisch. Aber lest keine Bücher von Soziologen, am Ende weiß man so viel wie am Anfang, die zerlegen alles.

Allzu viel will man nicht über die Zweifler schreiben. Aber der Herder-Verlag hat einen Aufsatz in Auftrag gegeben, und der Autor ist Dieter Vaitl, Chef des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie. Auch da weiß man, was man kriegt, denn Parapsychologen sind ihre eigenen Skeptiker und verbünden sich im Grenzgebiet lieber mit der Wissenschaft, von der sie anerkannt werden wollen, als mit den »Esoterikern«.

DSCN4776Und so ist der Aufsatz Gleitflug ins Licht (erschienen in dem Heft »Komm, süßer Tod« 2017) ungeachtet seines poetisch wirken wollenden Titels eine vorsichtige Zurückweisung des Phänomens der Nahtod-Erfahrungen. Das haben wir nicht anders erwartet. »Was steckt dahinter?« fragt der Autor. (Wir wissen es.) »Repräsentative Befunde sind äußerst selten«, urteilt er. Soundsoviel Prozent sehen das Licht, ein anderer Prozentsatz fühlt Wärme, Frieden, Glück … ach, klinische Untersuchungen können uns gestohlen bleiben.

Empirische Befunde über die »transformatorischen Effekte« des Phänomens beruhten nur auf wenigen Personen, wird kritisiert. Ach, man muss nur meine 60 TestpilotInnen-Beiträge durchlesen, und dann braucht man keine empirischen Befunde mehr. Fast alle sind plötzlich medial begabt und arbeiten als Berater, mit ihnen ist etwas geschehen. Die naturwissenschaftlichen Erklärungsversuche wollen wir auch nicht hören, das ist alles Humbug.

Es stimmt, dass viele der Zeugen nicht »richtig tot« waren, allerdings liegen ein paar Fälle vor, in denen medizinisch bewiesen ist, dass die Menschen sehr wohl klinisch tot waren — und dennoch machten sie Beobachtungen, konnten die Dialoge der Ärzte wiedergeben und erklärten, sie seien so gewesen wir früher: mit allen Erinnerungen (Etwa Sarah Gideon, am Ende des Beitrags Jenseits der Chirurgie). Mehr brauchen wir nicht zu wissen; wir halten uns an William James, der gesagt hat, wenn wir belegen wollen, dass nicht alle Krähen schwarz sind, genügt eine einzige weiße.

Bei Vaitl bleiben »ernste Zweifel an der Zuverlässigkeit der Ausgangsdaten, nämlich der Schilderung von Nahtoderfahrungen«. Heißt das, dass die Leute lügen oder sich etwas zusammenfabulieren? Eine vielsagende Passage folgt:

MikeinervieEinzig und allein die subjektive Evidenz, die die Erlebnisse für die Betroffenen besitzen, soll der Garant für deren Echtheit sein. Wenn damit aber die Existenz eines Jenseits bewiesen werden soll, wie dies die Thanatologie unserer Tage im Vergleich zur christlichen Theologie weniger zurückhaltend tut, kommt es seitens dieser Jenseitsforscher gleichfalls zu thematischen und konzeptionellen Verhärtungen, die man sonst der materialistisch-naturwissenschaftlichen Weltsicht zum Vorwurf macht.

Diese Weltsicht, die ausschließlich aus Verhärtungen besteht, hat in Vaitl einen Fürsprecher. Und diese Weltsicht ist besessen vom Beweis. Niemand will das Jenseits beweisen, weil man das nicht kann. Es liegen jedoch eine Vielzahl von Belegen und Indizien vor, die den Schluss nahelegen, dass es das Jenseits geben könnte. Ja, ich würde sagen, diese subjektive Evidenz ist ein guter Indikator für die Echtheit der Erlebnisse. Wer will denn Beweise? Wohl nur die Naturwissenschaftler.

Jesus Christus hat gesagt (Mt 12,39):

Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht fordert ein Zeichen; doch es wird ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Jona. Und er ließ sie stehen und ging davon.

Heute würde er sagen, das böse Geschlecht fordere Beweise. Und in Joh. 20,29 heißt es:

Spricht Jesus zu ihm: Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, glaubest du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Zweitausend Jahre lang wurde dem Christentum gefolgt, ohne dass man Zeichen oder Beweise für ein Jenseits gebraucht hätte. Die Aussagen der Propheten wurden nicht in Zweifel gezogen. Die herrschende technokratische Weltsicht jedoch will diese unsere zeitgenössischen Nahtod-ProphetInnen nicht.

Da gibt es Tausende Menschen, die begeistert schildern, dass uns nach dem Ende dieses Lebens das Licht erwartet, das uns unermesslich liebt und so, wie wir sind; und wir alle gehören zusammen und sollen einander lieben. Das ist fast 2000 Jahre nach den Evangelien wahrlich eine frohe Botschaft. Wer jemandem zuhört, wenn er von der Erfahrung des Lichts spricht, braucht, wenn er ein wenig Herz hat, keine repräsentativen Studien mehr.

 

 

 

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