Die Volva und der Krieg (2)

Der Krieg der Götter gegen die Wanen wird erwähnt — und dann der Untergang ihrer Welt, die Götterdämmerung. Und die Walküren treten auf — all das kommt abgerissen daher, lückenhaft und chaotisch, aber das ist uns überliefert worden, nicht mehr, und der Sound der Volva ist speziell.

23
descubre-todo-sobre-las-volvas-personajes-mitologicos-4Odin warf den Speer / auf Gollveig, sein Ziel
Und so der der erste / Krieg der Welt hub an.
Die Mauer, der Schutz der Götter, / sie fiel
Auf den Feldern nur Wanen, / alle Mann.

24
Die Götter nahmen / ein ihre Plätze
Die Heiligen / und hielten Rat wiedermal.
Ob man zahlt den Manen / die Schäden ersetze,
Ob man alle verehrt / gleich in dem Tal.

25
Die Götter nahmen / ein ihre Sitze
Die Heiligen / und hielten Rat wiedermal.
Wer hatte verleumdet / mit Wut und mit Hitze,
Wer gab Oths Braut / dem Riesen als Gemahl.

Da ist wieder ein Sprung zwischen 24 und 25: Nach dem Krieg mit den Wanen wollten die Götter Asgard wieder aufbauen. Ein Riese versprach es und forderte die Sonne, den Mond und Oths Braut, Freija, zur Gattin. Er kam schnell voran, und die Götter bekamen Angst. Loki stopppte den Riesen mit einem Trick, der Riese wurde wütend, und Thor brachte ihn um. Das kommt jetzt.

26
thor_by_weaponmasscreation-d8w02y7Thor sprang auf / mit wachsender Wut,
Wenn er solches hört / kann er sich nicht fassen,
Vergessen die Worte, / die Schwüre mit Blut,
Vereinbarte Dinge, / sie mussten verblassen.

27
Ich kenne das Horn / von Heimdall, vergraben
Unter dem Baum, / der ragt hoch und auch hehr.
Von ihm floss, / wie Val-Vater wollt’s haben,
ein mächtiger Strom, / wollt ihr noch mehr?

Odin, der Göttervater, opfert ein Auge (die Sonne?) der Wassergöttin Mimir, um sein Schicksal zu erfahren. Es ist die erste der Katastrophen, die zum Untergang der Götter führt. Die zweite ist der Tod Baldrs durch einen Mistelpfeil, den der böse Loki Baldrs Bruder Hoth gibt.

28
Allein saß ich, / als der Alte kam her,
Der Terror der Götter, / mich anstarrte erschreckt.
»Was willst du fragen? / Warum kamest du her?
Ich weiß, Odin, / wo dein Aug‘ ist versteckt.«

29
Ich weiß, wo Odins / Aug ist versteckt:
In Mimirs Brunnen, / berühmt ist er sehr.
Met aus dem Wunsch, / den ihr Odin entdeckt,
Trank Mimir, / willst du noch mehr?

30
Ketten und Ringe, / hatt‘ ich vom Heervater
Klug war meine Sprache / und meine magische Weisheit,
(…)
Ich sah über die Welt, und ich sah weit.

31
Die Walküren / kamen von allen Seiten,
Bereit für die Götter, / beritten und wild.
Skuld trug den Schild, / Skogul tat sie begleiten,
Geirskogul, Guth /und auch Gondul und Hild
Herjans Frauen, / ein stattliches Bild!
Walküren, bereit, / über die Erde zu reiten.

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Ich sah einst Baldr, / und der Gott lag im Blut,
Der Sohn von Odin, / sein Schicksal er fand.
Im erhabenen Feld, / und schön und gut
In großer Kraft / ein Mistelbaum stand.

33
Von dem Zweig, / der schien von schöner Gestalt
Kam ein böser Pfeil, / geschossen von Hoth;
Der Bruder von Baldr, / Vali, einen Tag alt,
Rächte den Bruder / und Hoth war tot.

34
Wusch sich nicht die Hände, / Kämmt sich nicht sein Haar,
Bis er Baldrs Feind / traf mit dem Speer,
Und in Fensalir Frigg, / Baldrs Mutter, so traurig sie war.
Sie weint‘ um Walhall, / willst du noch mehr?

35
Ich sah einen, / im Wald gebunden,
ein Unheilsbringer, / der glich Loki sehr.
Bei ihm sitzt Sigyn, / betrachtet die Wunden,
betrübt und ganz still / Willst du noch mehr?

Nach dem Mord an Baldr banden die Götter Loki zur Strafe an einen Baum, und von oben rieselte Gift herab, das seine Frau Sigyn auffing und wegbrachte, doch als sie weg war, musste Loki das Gift erdulden und schrie. Er bleibt dort für ewige Zeiten (wie bei den Griechen Tantalos und Sisyphos ewige Qualen erdulden mussten). — Dann wird die Gegend beschrieben, in der die Feinde der Götter leben: die Riesen, die Zwerge und die Toten auf Natrond, wo die Hel (unsere Hölle) regiert.

36
Von Osten fließt, / durch ein Tal, vergiftet
Durch Schwerte und Dolche, / ein Fluss namens Slith.
(…)

37
War in Nithavellir / eine Halle, im Norden,
Ganz aus Gold, / für die Leute um Sitri, sie alle
Und in Okolnir / war eine andre geworden,
Wo Brimir, der Riese / trank in seiner Bierhalle.

38
Eine Halle sah ich / von der Sonne weitab
Auf Nastrond mit Türen, / die nach Norden reichen.
Durch das Loch im Dach / tropft Gift hinab
Entlang der Mauern / Schlangen schleichen.

39
Durch wilde Flüsse / sah ich sie waten
Verräter und Mörder, / Betrüger und mehr
Mit Frauen die Urheber / böser Taten
wo Nithhogg saugte / die Toten leer.
Und der Wolf zerriss Menschen / willst du noch mehr?

40
Die alte Riesin / im Eisenwald,
Im Osten, / zog auf die Fenrir-Brut,
Einer von ihnen, / in böser Gestalt,
Würd einst die Sonne stehlen, / rauben die Glut.

41
Er nährt sich nur / vom Fleisch der Toten,
Und das Heim der Götter / malt rot an er.
Die Sonne dunkel / und im Sommer als Boten
Des Dunklen gibt’s Stürme — / willst du noch mehr?

42
Auf einem Hügel saß er, / seine Harfe erklang
Der Hüter der Riesen, / Eggther, der Frohe.
Über ihm der Hahn krähte / im Baum seinen Gesang,
Schön und rot / stand Fjalar, der Hohe.

43
Dann die Götter / Gollinkambi rief
Er weckte die Helden / in Odins Halle.
Auch unter der Erde / keiner mehr schlief:
Ein rostroter Vogel  an Hels Pforte weckt‘ alle.

44
Es heulte der Wolf, / tat vor Gnipahelir stehen
Die Zäune zerbrechen, / er ist frei und rennt weiter,
Gar vieles weiß ich, / noch mehr kann ich sehen
Vom Schicksal der Götter, / der mächtigen Streiter.

 

Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand bis hierher gelesen hat … Es ist ihnehin eher eine Fleißarbeit, eine Herausforderung: die Voluspa in Reime zu bringen und ihr einen guten Rhythmus zu geben. Morgen die Götterdämmerung und die neue Welt.

 

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