The Hateful Eight

Der Film Die sieben Samurai von Akira Kurosawa von 1954 gilt als einer der wichtigsten Western-Vorläufer. John Sturgess machte 1960 Die glorreichen Sieben daraus (mit Yul Brynner, Steve McQueen, Charles Bronson …), und Quentin Tarantino lässt nun seine »verhassten Acht« los, The Hateful Eight.
Das ist auch ein Western, jedoch, wie bei Tarantino nicht anders zu erwarten, der Gegenentwurf zum Heldenepos. In der heroischen Zeit des Westerns obsiegte der Held; sein moralisches Empfinden verlieh ihm die Fähigkeit, den Tod zu überwinden, weil der Film damals Märchen war und dem Leben fernstand. Diesen Romantizismus (oder diese Verlogenheit) überspielt Tarantino. Auch bei ihm gibt es gute Menschen oder Helden, doch sie müssen allesamt scheitern und sterben, in diesem seinem rohen Existentialismus.

Allerdings sterben die Bösen auch, und nur der moralische Sieg der Guten macht die Metzelei und die Blutflüsse halbwegs erträglich. In den Hateful Eight ist es ein warmherziger Brief von Abraham Lincoln, des Präsidenten der Vereinigten Staaten, an Major Warren, gespielt von Samuel L. Jackson, der über der Handlung thront, angezweifelt, zitiert, geleugnet, hervorgeholt und verlesen wird, bis er zerknüllt endet und verschwindet, unzerstört jedoch als Vision und Dokument, in dem Lincoln schreibt, Schwarz und Weiß müssten »Hand in Hand gehen« und zusammenstehen.

Tarantino tritt mit seiner Unerbittlichkeit für die Schwarzen und die Frauen ein und rächt sie hinterher, wie er in den Inglorious Basterds post hoc die Nazis vernichtete. Er leistet Reparaturarbeit (man denkt an Tikkun der Lurianischen Kabbala, in der der Mensch stets Gott beispringen und ihn reparieren muss, seinen Schatten), doch es ist Reparatur im Stil Operation gelungen, Patient tot. Für die Musik des Films hat der betagte Ennio Morricone unlängst einen Oscar bekommen. Er wurde durch seine Vertonung von Zwei glorreiche Halunken und Spiel mir das Lied vom Tod in den 1960er Jahren berühmt, hat die Musik für Es war einmal in Amerika und für insgesamt 500 Filme komponiert.

Angelegt sind die Hateful Eight wie ein Kammerspiel. Eine Postkutsche ist im Schneesturm unterwegs. Ein Kopfgeldjäger will eine vulgäre gewissenlose Bandenchefin nach Red Rock bringen, wo man sie hängen soll. Major Warren wird auf freier Strecke aufgegabelt, und die vierköpfige Truppe erreicht Minnies Miederwarenhandel, ein Haus in der Wildnis vor Red Rock.

Da warten vier weitere (zwielichtige) Personen auf die vier eintreffenden Leute der Kutsche. Die verhassten Acht sind beisammen und tauschen sich aus, und der Raum wird zur Bühne von Psychodramen. Es wird bald klaustropobisch, keiner entkommt dem Führungslicht, präzise wird die Handlung in Richtung der unweigerlichen Katharsis geführt, die sich als schauerliches Showdown und Shoot-out vollzieht.

Was ist eigentlich mit Minnie geschehen? Ein Rückblick klärt darüber auf. Es wird bezahlt. Leben für Leben. Als Vermächtnis und Warnung bleibt jener Brief, nun blutbefleckt und bald Asche.

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