Elektrosog
In meinem kürzlich erschienenen Buch Elektrosmog geht es um den Elektrosog, in den die Gesellschaft geraten ist und den unsichtbaren Elektrosmog, den sie mehr fürchtet als den echten Smog. Man möchte gar zu gern so weiternachen.
Ich interpretiere es auf meine Weise: Damit ich mich wohlfühle mit diesem in einem Jahr entstandenen Produkt. Ich erkläre es kurzerhand zu Kunst, zu einem Konstprojekt, und wir wissen, Kunst ist zwiespältig. Sie spricht auch von anderen Dingen als von jenen, über die sie spricht. Was das ausdrückt, was angeblich ist, ist Journalismus.
Das Buch ist in dem Sinn ganz Elektrosmog: Themen, die keiner braucht und die stören, vor denen man sich eigentlich abschirmen möchte. Das Buch ist eine einzige Abschweifung. Dank an Peter Michel vom Crotona-Verlag, der mich gewähren ließ! Man könnte das Buch auch für eine Provokation halten: Von unsichtbaren Energien, die die Gesundheit bedrohen, wird im Untertitel geraunt, aufsehenerregende Ergebnisse werden versprochen. So bietet man ein Buch an. Polarisieren, das ist das Geschäft. Das Titelbild lässt keinen Zweifel daran, was zu erwarten ist. Manchmal kommt einem dieses Veröffentlichungsgeschäft fast parodistisch vor, weil jeder weiß, dass dick aufegragen wird.
Journalisten reagieren sofort. Sie haben ihre Reflexe. Sie beißen an. Sie wollen den Experten und wollen wissen: Wie kann ich mich abschirmen? Das heißt übersetzt: Wie schütze ich mich vor dem Irrsinn, wie bewahre ich mein Ich vor den Zumutungen der Konsumgesellschaft? Zwei Mal waren Interviews anberaumt, aber die Journalisten erkannten in mir im Vorgespräch nicht denjenigen, den sie erwartet hatten, den überlegenen Experten, und sagten die Interviews ab.
Eigentlich schön, wie das Buch diese hohle Maschinerie bloßstellt. Denn das Buch ist eine Meditation über Strahlen, eine Sammlung von Features und Reportagen, eine sprachlich gehobene Streitschrift. Ich könnte also die Aufmachung zum Happening erklären. Sie führt in die Irre und soll das auch. Warum fahren die Leute auf Elektrosmog ab? Warum schreibt man kein Buch mit dem Titel Smog? Es ist wohl das Unbekannte, Unsichtbare, die okkulte Dimension, die einschlägt.
Leider, merke ich jetzt, habe ich selbst mich geirrt. Elektrosmog interessiert niemanden mehr. Es gibt zehn andere Bücher, die genauso heißen. Meine edlen Zeilen werden durch den profanen Titel verhüllt. Das Buch ist, was man einen Rohrkrepierer nennen könnte: Es kommt gar nicht richtig aus den Startlöchern, und noch vor drei Tagen lag es bei Amazon auf Platz 1,3 Millionen.Aber dann … ist es nicht irre? Ich schaue am Freitag dem dreizehnten nach, und es liegt auf Platz 52.000, hat in 3 Tagen 1,2 Millionen Konkurrenten überspurtet. Ich bin sprachlos.
Ich hätte in den Interviews sagen wollen (wenn ich den Mut dazu gefunden hätte: den Mut, den die Wut verleiht), dass Elektrosmog nur ein Symptom ist für ein Zuviel in dieser Gesellschaft: zuviel Billigflüge, zuviel versendetes Gequake, zuviel Autoverkehr, zuviel Essen, das entweder weggeschmissen wird oder sich an Hüften anlagert; zuviel Produktion, zuviel Plastik, zuviel Herumgemache. Hinaus into the great wide open, mit einem Gedanken an Tom Petty und an Bombi, einenh Bekannten, der am 3. Oktober in Südafrika starb. Durchatmen, wir leben ja noch!
am 15. Oktober 2017 um 10:49 Uhr.
Lieber Mandy! Schön, dass du ihnen einen Gedanken sendest – liebe Grüße auch von uns allen Gina