Die letzten Tage vor dem Krieg

Vor 80 Jahren schürzte sich der Knoten. Es wurde wie wild verhandelt, die Tage vom 20. bis zum 30. August 1939 waren voller hektischer Aktivität. Depeschen gingen von Rom nach Berlin, von London nach Warschau, von Moskau nach Berlin. Doch alles hatte keinen Erfolg, weil der »Führer« meinte, dass der Krieg nicht zu verhindern sei. Er wollte ihn, und er zettelte ihn an. Er steckte Europa in Brand.

Die Anzettelung des Zweiten Weltkriegs wäre ein guter Buchtitel gewesen, aber der Historiker Walther Hofer wählte Die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs für sein Buch, das, mit Dokumenten versehen und überarbeitet, 1960 in der Fischer-Bücherei erschien. Darin hält er fest, dass es ohne die Nationalsozialistische Arbeiterpartei und Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte.

Hitler trat wie eine Personifikation von Angru Mainyu auf, dem zerstörerischen Gedanken in der persischen Avesta. Der Abgesandte aus der Dunkelheit. Schwarze Stiefel, Feuerrituale, das Hakenkreuz, unversöhnliche Härte. Ein Anstreicher aus Braunau am Inn, ein Geiferer und Eiferer, die Karikatur eines jähzornigen Emporkömmlings  wurde verehrt. Auch Walther Hofer fragt sich fassungslos, »wie es möglich war, dass diesem verhängnisvollen Manne die Macht gegeben wurde, um diesen seinen Willen gegen eine ganze Welt durchzusetzen«.

Nachdem Österreich sich ans Reich angeschlossen hatte und Ende März 1939 die Tschechoslowakei im Handstreich genommen wurde, ahnten die westlichen Mächte, dass, als Hitler Polen ins Visier nahm, es so weitergehen würde. Ein Pakt zwischen Frankreich, England und Russland kam nicht zustande; man hatte den Russen keine Zugeständnisse zu bieten. Die lieferte Deutschland und schloss mit Russland am 21. August einen deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt und ein Geheimabkommen ab.

Faktisch teilte man sich Polen untereinander auf. Die Welt war im Schockzustand. Der Historiker Hofer zeigt sich fassungslos: Hitler, der erklärte Antibolschewik, öffnete im Grunde Ostmitteleuropa für die Sowjetunion, gab ihr ganze Länder preis nur um den kurzfristigen Vorteil, in Polen freie Bahn zu haben. Dies führte letztlich zum Ostblock, der 40 Jahre lang Bestand hatte. Und der Kriegseintritt der Amerikaner führte zur US-Hegemonie auf der Welt.

Hitler hatte England immer respektiert und nicht geglaubt, dass die Briten Ernst machen würden. Der Überfall Polens war für den Morgen des 26. August geplant, die Truppen rückten aus, doch dann gaben die Engländer Zeichen, sie seien verhandlungsbereit. Unglaublich, aber Hitler ließ den Angriff stoppen. Am Abend des dramatischen 25. August:

Der erste Generalstabsoffizier am Fernsprecher: Bitte nicht erschrecken, Herr General! Anfrage des Führers, ob die Bewegungen noch angehalten werden können. Der Chef des Nachrichtenwesens, Generalleutnant Fellgiebel: Sind die da oben wahnsinnig geworden? Das nenne ich das Spiel zu weit getrieben. Man kann doch eine solche Riesenfront nicht wie ein Bataillon kommandieren! – Garantieren kann ich für die äußersten Flügel in der Slowakei und Ostpreußen nicht mehr. Ob ich orthin die Verbindungen so rasch bekomme, weiß ich nicht. An der übrigen Front wird es wohl gehen.

Es ging dann auch. Die Westmächte reagierten. Engalnd und Frankreich gaben Polen Garantien, Hitler indessen glaubte ihnen nicht. Er setzte ein neues Datum für den Überfall fest und verhandelte weiter.

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