Die letzten Umzüge

Heute am frühen Morgen, beginnend um 4 Uhr, war auch in Basel Schluss mit der Fasnacht: der Endstraich.  Montag Morgen um 4 Uhr hatten die »drey scheenschte Dääg« mit dem Morgestraich begonnen, bei dem die ganze Stadt dunkel war. Allerdings, so rügte die Freiburger Zeitung zum Sonntag,  störten immer die zahlreichen Zuschauer mit ihrem Blitzlichtgewitter die andächtige Stimmung. Hab ich vor 30 Jahren miterlebt. Mystisch. Aber damals war es noch ein Geheimtipp. 

Hier im Ort nebenan, Sulzburg, war der große Umzug am vergangenen Sonntag. Die Fasnacht ist ja seit Aschermittwoch zu Ende, und doch durfte dort und in Basel noch gefestet werden. Anscheinend, meint Wikipedia, dauerte früher die Fasnacht genau 40 Tage, und erst die Entscheidung, an den Sonntagen nicht zu fasten (Benevent 1091), schob ihr Ende auf einen Mittwoch, den Aschermittwoch. Die Reformation widersetzte sich 1520, und von allen fasnachtenden Städten blieb nur Basel übrig. Die längere Fasnacht ist also eine »protestantische Fasnacht«. In Südbaden sind die einen Orte katholisch, die anderen evangelisch – wie eben das kleine ehemalige Markgräfliche Städtchen Sulzburg.

 

Auch dieser Ort ist nur an diesem einen Tag im Jahr fast zum Bersten voll. Mit Bussen reisen die Fasnachtszünfte an, steigen aus, angetan mit ihrer Häs (die Verkleidung), und dann stellen sie sich auf. Um 14.11 Uhr ist der Start. Sulzburg hat ein altes Stadttor, das große Wagen nicht passieren dürfen. Es war also nur Fußvolk unterwegs, größtenteils hässliche Hexen (dazu: der Anfang von Macbeth, Shakespeare, 1. Szene, A Desert Place),  Guggemusiker, die tröten und blasen, was das Zeug hält, Frösche und Astronauten und was man sich so vorstellen kann (oder nicht). Vielen Gemeinden haben Zünfte , die beliebter sind als der Sportverein.

 

Mein Neffe Steffen gehört zum Klub Ma-Fu-Hei in Heitersheim, sie sind Frösche, und ich habe sie fotografiert. Nur: Wer war er? Die Häs und die Maske machen dich unkenntlich, anonym, und das ist der Reiz der Fasnacht. Jeder Frosch kann, wenn er will, sich ein junges Mädchen aus den Zuschauern herausklauben und es ein wenig herumtragen. »Narro!« rufen alle.     

 

Komische Sache. Im Rahmen des Umzugs mit Ordnern und Erwerb des Fasnachtsabzeichens (2,50 Euro), entlang der brav die Straße flankierenden Zuschauer herrscht kontrollierte Gesetzlosigkeit. Das klingt natürlich absurd. Man weiß genau, was passiert; es herrschen eben andere Gesetze. Alles harmlos. Anders mag das beim Schweizer Fasnachtstreiben in den Straßen sein, vielleicht gibt es das auch in Mainz oder Köln.

 

In Sulzburg lief jedenfalls alles lustig und unterhaltsam ab. In Basel ist das auch so.  Die Stadtpolizei wies darauf hin, sie werde störende »Velos oder Töfflis« (Fahrräder oder  kleine Motorräder) entfernen und zur »ZSO (Zweirad-Sammelstelle)« beim Zeughaus bringen. Da holst du dir es dann ab.  

Guggemusiker vor meinem Haus in St. Gallen damals, 2008

Ich weiß noch, wie es war beim Morgestraich 1984: Atemlos warteten Tausende, dann wurde der ganze Marktplatz dunkel, und aus den entfernten Gassen begann es zu rumpeln und zu trommeln. Und dann kamen sie! Wagen und Pfeifer und Trommler. Und so gehen sie auch wieder, und es gibt immer wieder eine neue Fasnacht.         

   

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.