Der große Umbruch
Ich habe etwas gefunden, das gut zum gestrigen Beitrag passt: den Appell für eine neue Gemeinsamkeit unter den Staaten. Mir wurde das Buch Covid-19: Der grosse Umbruch zugeschickt, das Klaus Schwab und Thierry Malleret bereits im Juni 2020 geschrieben haben, als die Pandemie noch jung war. In ihrem Ausblick am Ende sprechen sie Hoffnungen aus.
Klaus Schwab ist 1938 geboren und hat das Welrwirtschaftsforum gegründet, das er auch leitet. Thierry Malleret, 1961 geboren, ist Analyst und Leiter das Global Risk Network des Weltwirtschaftsforums. In ihrem Buch untersuchen sie die Folgen der weltweiten Pandemie im Wirtschaftsleben und der Politik, und man lernt viel daraus. Die weiteren Entwicklungen seit Juni 2020 haben das Buch nicht entwertet; die meisten Vorhersagen trafen ein. In ihrer Schlussfolgerung kommen die Autoren auf den Titel des Buches zu sprechen. Wie könnte der große Umbruch aussehen? Sie schreiben:
Eine unabdingbare Voraussetzung für einen wirklichen Umbruch ist eine stärkere Zusammenarbeit und Kooperation in und zwischen den Ländern. Kooperation — eine »äußerst menschliche kognitive Fähigkeit«, die unsere Spezies auf ihre einzigartige und außergewöhnliche Entwicklungsbahn gebracht hat — lässt sich zusammenfassen als »geteilte Intentionalität« oder die Absicht, zusammen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Ohne sie können wir einfach keine Fortschritte machen.
Leider setzte sich in den vergangenen zwei Jahren der nationale Egoismus durch. Länder bestellten mehr Impfstoff, als sie gebraucht hätten, während andere, arme Länder leer ausgingen. Schon auf europäischer Ebene ist die Zusammenarbeit schwierig; wie soll da eine Weltgemeinschaft entstehen? Dabei wäre gemeinsames Handeln so wichtig gewesen, da es sich tatsächlich (und zum ersten Mal seit 1939/45) um eine weltweite Krise handelte.
Die beiden Autoren zitieren auch Jared Diamond, dessen jüngstes Buch Krise: Wie Nationen sich erneuern können heißt. Er meint, dass die Corona-Krise uns zwingen werde, vier existenzielle Gefahren für die Erde anzugehen: die nuklearen Bedrohungen; den Klimawandel; die Ausbeutung der Welt, indem Ressourcen wie Wälder, Fisch, Humusböden und Süßwasser zerstört werden; die Unterschiede im Lebensstandard zwischen den Völkern der Welt. Trotz allem ist Jared Diamond optimistisch:
So seltsam das klingen mag, aber die erfolgreiche Lösung der Pandemiekrise kann uns motivieren, uns mit den größeren Problemen auseinanderzusetzen, vor denen wir bisher zurückgescheut sind. Wenn die Pandemie in uns letztendlich die Bereitschaft schafft, diese existenziellen Bedrohungen anzugehen, könnte das ein Silberstreifen am Horizont hinter der dunklen Viruswolke sein. Von allen Auswirkungen des Virus könnte sie sich als die wichtigste und nachhaltigste erweisen — und als unser großer Hoffnungsschimmer.