Zoonosen
Es war eine christliche Zeitschrift (und keine schlechte), und ein Autor gab an, im Traum sei ihm eine Antwort zuteil geworden auf die Frage, warum Corona gekommen sei: Weil wir am Artensterben schuld seien; weil die Artenvielfalt nicht mehr gegeben sei. Was hat das denn damit zu tun? fragte ich mich. Doch es steckt Wahrheit darin, und Schwab/Malleret schreiben in Der große Umbruch darüber.
Zoonosen nennt man Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Diese haben sich in den vergangenen 50 Jahren vervierfacht. Die Autoren zitieren David Quammen, der in seinem Buch Spillover erläutert:
Wir dringen in tropische Wälder und andere wilde Landschaften vor, in denen so viele Tier- und Pflanzenarten vorkommen — und in diesen Kreaturen so viele unbekannte Viren. Wir fällen die Bäume. Wir töten die Tiere oder sperren sie in Käfige und schicken sie auf Märkte. Wir bringen die Ökosysteme durcheinander und die Viren dazu, sich von ihren natürlichen Wirten zu lösen. Wenn das passiert, brauchen sie einen neuen Wirt. Und oft sind das dann wir.
Die Zerstörung der Biodiversität durch den Menschen kann als Quelle neuer Viren wie Covid-19 angesehen werden. Die Landwirtschaft kann mit 50 Prozent aller Zoonosen in Verbindung gebracht werden. Tierseuchen werden manchmal in dicht besiedelte Gebiete transportiert, wie es womöglich mit Covid-19 auf dem Markt von Wuhan (China) geschehen ist.
Die Vorsitzende von Tukolere Wamu, einem Afrika-Hilfsverein hier (mehr dazu in einer Woche), erinnerte an die Ebola-Epidemie im Kongo, die 1976 ausbrach und 2000 erstmals in Uganda beobachtet wurde. Frau Schweizer-Ehrler:
Alle paar Jahre folgten weitere Ausbrüche, zumeist in Regionen, wo sich Mensch und Tier nahekommen — wo der Lebensraum der Tiere knapp wird.
Einem Fernseh-Beitrag entnahm ich, dass Masern und die Pocken vermutlich von Rindern auf den Menschen übergegangen sind, die Grippe von den Schweinen ausging. Indem Europäer und Asiaten seit 10.000 Jahren mit Tieren umgingen, hieß es da, besaßen sie auch Antikörper. Als die Spanier den amerikanischen Kontinent 1492 betraten, trafen sie auf Völker, die wenig Tiere hatten und allen Erregern schutzlos ausgeliefert waren. Man kennt die Zahl der Toten nicht, es werden aber in den folgenden 100 Jahren mindestens 30 Millionen gewesen sein, und erst nach einem weiteren Jahrhundert und einer gewissen Immunisierung gegen die Erreger wuchs die dortige Bevölkerung wieder.
Schwab und Malleret fassen zusammen:
Heutzutage würden wohl die meisten Wissenschaftler zustimmen, dass das Risiko neuer Epidemien umso höher ist, je größer das Bevölkerungswachstum ist, je mehr wir die Umwelt belasten, je intensiver die Landwirtschaft ohne angemessene Biosicherheit wird.
Und sie halten fest:
Global gesehen ist die Coronakrise jedoch, wenn man den Prozentsatz der betroffenen Weltbevölkerung betrachtet, eine der am wenigsten tödlichen Pandemien, die die Welt in den letzten 2000 Jahren erlebt hat.