Lichter der Zukunft

»Du sagst, man kann in die Zukunft blicken«, höre ich manchmal, »na dann wünsch‘ ich mir, dass mir jemand die Lottozahlen verrät.« Natürlich hat es das schon gegeben, und es geht darum in dem Aufsatz Lichter der Zukunft, den Ernesto Bozzano (1867-1942)  im Jahr 1912 veröffentlichte. Da hatten Menschen Eingebungen und gewannen am Spieltisch oder in der Lotterie.

Er wolle mit den vielen Fällen der Vorahnung von siegreichen Zahlen bei der Lotterie beginnen, beim Glücksspiel oder bei Auslosungen im Militär, schrieb Bozzano zu Beginn. Es seien oft schnelle Eingebungen, die sich bei zufälligen und unbedeutenden Anlässen während des Tages präsentierten. Madame A. Guillon berichtete von ihren Erfahrungen beim Roulette in Monte Carlo (der Zeitschrift Annales des Sciences Psychiques):

OIP.kwRGKUShXn82dyjbGOAUrAHaE7Ich saß neben einer Dame, die völlig vertieft wirkte, was mich faszinierte; ich sah, wie sie abrupt aufstand, sich dem Spieltisch näherte, Marken auf eine Zahl setzte und gewann. Ich war überrascht und fragte sie danach, und sie gab mir ziemlich wörtlich zur Antwort: »Ich bin selber am meisten verblüfft über das, was mir passiert ist. Ich dachte an das Auf und Ab des Spiels, aber wollte gar nicht mitspielen, weil ich schon so viel verloren hatte. Als der Croupier die Kugel hineinwarf, sah ich vor mir die Zahl auftauchen, die ich dann spielte und mit der ich gewann. Es kam mir so vor, als würde diese Zahl mich anschauen, und ich war davon so beeindruckt, dass ich nicht zögerte, sie zu spielen.

Frau Guillon versuchte das mehrere Tage lang selber, als sie plötzlich die Zahl 11 vor sich auftauchen sah.

Ich fragte mich mental: »Wann wird die Zahl fallen?« »Um ein Uhr«, wurde mir in derselben Sekunde geantwortet. Frage und Antwort folgten blitzartig aufeinander, fast unbewusst.

Sie blickte auf die Uhr: Es war 12:46 Uhr. Um ein Uhr gewann sie mit der 11. Dann spielte sie fünf Tage lang hintereinander weiter, bat einmal ihren Geistführer, ihr doch zwei Zshlen hintereinander zu verraten; sie erwachte in der Nacht, und vor ihr erschienen 10 und 14. Sie setzte viel auf die 10 und alles auf die 14 und gewann beide Male. Ihr Mann bestätigte das Vorgefallene.

Professor G. Hullin von der Universität Gent schrieb am 13. April 1894 an Professor Hanry Sidgwick:

Am Beginn des Winters 1890/91 prophezeite ein junger Mann namens Carlos Casset aus dem Dorf Loo-ten-Hulle zwei Monate vor der Militärziehung an, dass er die Nummer 90 ziehen würde. Einige Menschen waren von der Vorhersage informiert, die er mit absoluter Sicherheit abgab. Die Zahl 90 kam.

Der Kommissar des Bezirks erinnerte sich auf Befragen an drei weitere Fälle, in denen Soldaten mit großer Sicherheit eine Zahl nannten, die sie dann auch zogen (112, 216 und 111). Carlo Casset gab an, er habe, nachdem er sich hingelegt habe, in einer Ecke seines Zimmers etwas Großes und Undefinierbares auftauchen sehen, »von dessen Mitte sich klar und deutlich die Zahl 90 sich abhob, wobei die Zahlen groß waren wie eine Hand«.

die-lotto-ziehung-am-samstag-noch-nie-wurden-hoehere-lottozahlen-gezogen-als-am-letzten-wochenende-Manchmal werden einem die Zahlen von Verstorbenen eingeflüstert, die einem helfen wollen. (Verstorbene wissen nicht alles, aber Bruchstücke aus der Zukunft durchaus.) Cesare Lombroso untersuchte den Fall von Rosa Tirone, einer 35-jährigen nervenkranken Hausangestellten aus Turin, die beim Königlichen Lotto 300.000 Lire gewann. Sie liebte einst in ihrem Dorf einen jungen Mann, den sie aber nicht heiraten konnte, weil er sehr krank war. Er starb dann auch mit 25 Jahren. Lombroso:

In einer Nacht im November 1908 träumte Rosa, dass ihr junger Freund zu ihr sagte: »Ich will nicht, dass du länger als Dienstmädchen arbeitest. Spiel diese vier Zahlen: 4, 53, 25, 30«, und er wiederholte sie ihr, damit sie sie sich gut einprägen konnte. Dann ergänzte er: »Ich bin sehr durstig; zieh vom Brunnen einen Eimer Wasser hoch und gib mir zu trinken.«

In ihrem Traum tat sie das und setzte eie hübsche Summe auf die Zahlen — und gewann eine noch hübschere Summe, die ins Gigantische gewachsen wäre, hätte sie auch die fünfte Zahl richtig geraten. Bozzano meinte, sie hätte nur die Zahl wählen müssen, die in der neapolitanischen Volks-Kabbala dem Ausdruck entspricht »einen Durstigen tränken« und hätte triumphal gewonnen. Das sind die Spielchen des Jenseits. — Eine ähnliche Geschichte mit Hilfe von drüben spielte sich in Monfalconbe ab und wurde von Fürst Giuseppe Valentinis der Revue des Études Psychiques geschickt:

Am 8. Dezember 1894 saß am späten Abend ein Schneider aus meinem Heimatort, Giovanni Pian, in Gedanken am Feuer. Er war ernstlich beunruhigt, weil er am nächsten Tag Schulden zu begleichen hatte  und nicht wusste, woher er den Betrag nehmen sollte. Da er in solch unschöne Geanken verstrickt war, schlief er ein, wo er saß. Er konnte mir nicht sagen, wie lange sein Schlaf gedauert habe, jedenfalls war er kurz, denn er wurde brüsk durch einen starken Luftzug geweckt , wobei ihm eine Stimme ins Ohr flüsaterte: »Spiel 3, 15, 18.« Der Schneider erkannte die Stimme wieder und fuhr vor Angst auf: Es war die Stimme seiner Schwägerin Elia Pian, geborene Macorin, die acht Tage zuvor gestorben war. Er spielte die drei Zahlen, die in derselben Reihenfolge gezogen wurde, wie er sie durch die mysteriöse Stimme genannt bekommen hatte.     

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