Friedhof Civitavecchia

Civitavecchia ist ein recht bedeutender Hafen am Tyrrhenischen Meer, 70 Kilometer von Rom entfernt. Von dort erreicht man auf dem Seeweg Sardinien und Korsika, und die Kreuzfahrtschiffe legen da an. Der französische Romancier Stendhal hat dort als Konsul so um 1830 sieben öde Jahre verbracht, denn die Stadt war langweilig und hässlich und ist es heute noch. Ihr Friedhof macht keine Ausnahme.

Immerhin ist es einer der ersten monumentalen Friedhöfe Italiens »extra moenius«: außerhalb der Stadtmauern. Denn irgendwann wurden die Toten zu viele und der Platz im Stadtgebiet zu knapp; das mag um 1700 gewesen sein. Ich wollte mit dem Rad nach Tarquinia, aber an einem Friedhof kann ich nicht vorbeifahren. Die Wolken hingen tief, und als ich zwischen den Gräbern herumlief, fing es prompt zu regnen an. Auf dem ersten Bild sieht man links eine alte Kapelle und rechts eine Gräberwand, zu der man mit einer Treppe emposteigt. Hinter dem Tafeln mit Fotos und Daten der Toten liegen ihre Gerippe.

Da ging ein Grabstein entzwei, aber die Bilder der Verblichenen sind noch intakt geblieben.

 

Civitavecchia ist eine Stadt mit einer ausgedehnten Hafenzone, und da stehen angerostete riesige Metalltöpfe im Hintergrund, aber die Toten stört es nicht, die sind längst in einer anderen Welt.

 

Kräne und Containerumschlagplätze am Horizont, und eigentlich sieht das Feld der Toten wie eine Spielzeugstadt aus. 

  

Da hängt in einer Nische ein elektrisches Licht, Elena Matteras privates ewiges Licht, und eigentlich sollte man, sagte eine Warnung, nicht unter den Arkaden herumlaufen: Einsturzgefahr. Natürlich, es ist kein Geld da, die ruinösen Nischen zu reparieren; wenn in Italien schon kein Geld für die Lebenden da ist, wie soll man da etwas für die Toten übrig haben?

  

Dennoch mag ich italienische Friedhöfe. Der von Rimini war richtig einladend. Da herrscht wie in den Städten nicht die peinliche Sauberkeit und die schreckliche Ordnung von mit dem Metermaß ausgerichteten Grabstätten. Da sind Blumen in Vasen, vieles ist vernachlässigt, Katzen huschen umher, und die ganze Anordnung ist chaotisch: ein Gewirr aus eng aneinaander geklebten Gräbern mit Mausoleen dazwischen, Kapellen und Umgängen und Treppen und Gräberwänden, den Lokuli.

Es ist eben die Welt der Vergessenen, außerhalb der Ansiedlungen im Niemandsland, und man kann sich als Pilger auf dieser Erde auf den italienischen Cimiteri richtig heimisch und dazugehörig fühlen.         

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