Dampfnudelblues
Eine Woche nach meinem Bericht über Rita Falk lief die Verfilmung ihres Buchs Dampfnudelblues im Ersten. Hab ich gesehen und musste ich sehen: Spielt ja in Bayern, in der Gegend von Landshut. 60 Minuten hätten auch gereicht, aber Ed Herzog, der Regisseur, hat es toll gemacht, finde ich.
Es war ein ästhetisches Programm, das der Regisseur durchzog. In dem Film sind Straßen und Plätze immer leer, ohne Menschen. Ich dachte an die wunderbaren Verfilmungen der Krimis um Commissario Montalbano von Andrea Camilleri durch den Regisseur Alberto Sironi, bei denen die Straßen der sizilianischen Dörfer auch immer leer sind. Oder man denkt auch an CSI Miami mit diesen knalligen, überirdischen Farben; da wirkt Florida ganz unwirklich.
Herzog hat den ganzen Film surreal angelegt: Kameras in seltsamen Positionen oder so nah dran, dass man grinsen muss. Komische Typen, eigenartige Autos, ungewöhnliche Wohnungen, alles war schräg, artifiziell und etwas sehr gewollt, aber es gefiel. Aber leider ist das Schräge eben nur Oberfläche und nicht durch Handlung gedeckt. Sebastian Brezzel ist ein sympathischer Hauptdarsteller, aber Dialoge und Handlung bleiben doch sehr konventionell und wirken wie ein Aufguss des Bullen von Tölz, der ja 14 Jahre im Dienst war.
So gibt es einen störenden Bruch zwischen Geschichte und Stil. Um die eigenwillige Ästhetik zu rechtfertigen, sind die Figuren dann noch nicht schräg genug. Sie sind leider nur bayerisch-deppert. So sind wir nicht, aber so meint man, dass es im Bayernladn zugeht. Immer gibt es running gags, also sich wiederholende witzige Mini-Szenen, was aber schon für eine gewisse Hilflosigkeit steht.
So schleppt sich das hin. Mit guten Bildeinfällen kann man eine Weile durchkommen, aber man kann damit kein dürftige Geschichte retten. Im Dampfnudelblues wundert man sich wegen des langsamen Rhythmus auch über unlogische Stellen. Am Ende ist es einem völlig egal, wie der Lehrer ums Leben gekommen ist. Ed Herzog hat drei Tatorte gedreht und drei Folgen von Polizeiruf 110, und man würde ihm eine intelligentere Vorlage wünschen, bei der er seine Bildeinfälle kongenial einsetzen kann.
So etwas könnte zum Kult werden, könnte … Aber ein »Kultfilm« steht immer außerhalb, ironisiert von der Meta-Ebene aus, hat witzige Sprüche und Details, die ein Genre aufbrechen und demaskieren, und diese ganze Nicht-Ernsthaftigkeit muss intelligent sein und anarchisch. Von Anarchie hat der Dampfnudelblues nun überhaupt nichts, aber gut, es gab herzhafte realistische Stellen und auch Splatter-Elemente (der Kopf des Toten).
Der Krimi ist durch sein Überangebot zu einem reaktionären Genre geworden, aber hier merkte man schon einmal filmische Lust an der Demontage; vielleicht kann man den tumben Regionalkrimi unterwandern, damit er sich endlich in sich selbst auflöst.
am 15. Dezember 2013 um 13:48 Uhr.
Ja, manchmal ist weniger mehr 🙂 Alexander ist nach einer Stunde eingeschlafen …