Gute Frequenz

In Bayern, bei meiner Mutter, gibt es das Fernsehprogrammheft der Linda-Apotheken. Man sah also fern, und manchmal war etwas für mich dabei: eines Abends der Film Frequency aus dem Jahr 2000. Regisseur: Gregory Hoblit; Hauptdarsteller: Dennis Quaid. Es ging um Kontakt zu Verstorbenen und die Veränderung der Vergangenheit. 

Der Film fing gut an und entwickelte sich zu einem mitreißenden Thriller. Der Polizist John Sullivan, 37 Jahre alt, findet das alte Funkgerät seines Vaters, der ein begeisterter Funkamateur war und sonst Feuerwehrmann in New York (das war ein Jahr vor dem Anschlag auf die beiden Türme, bei denen die Feuerwehrleute zu Helden wurden). Plötzlich meldet sich jemand, und ziemlich bald wird klar, dass es sein Vater Frank ist, der aus dem Jahr 1969 sendet. Plötzlich sieht man es: John sitzt 1999 da, wo Frank 1969 sitzt. (Sind jetzt auch gerade Geister hier?)

Illustration: Rolf Hannes

Johns Blick fällt auf einen Zeitungsausschnitt, der besagt, dass sein Vater am folgenden Tag gestorben ist; er warnt seinen Vater, der überlebt. Nun haben sie die Vergangenheit verändert, und das führt zu Problemen, denn es gibt eine Mordserie, die auf die Jahre 1968 und 1969 zurückgeht. John hat die Akte vor sich, weiß, welches Mädchen als nächstes sterben wird und gestorben ist, und Frank … rettet sie. Dann ist die Akte plötzlich weg, denn sie ist ja nicht gestorben. Und: Seine Mutter wurde ermordet und ist also in Lebensgefahr. Sie fehlt plötzlich auf den Familienbildern. Starb sie wirklich?

Frank, der mutige Feuerwehrmann, versucht ein zweites Mädchen zu retten, schafft es nicht, wird verdächtigt, kommt in Haft … da ist man wirklich dabei und aufgeregt. Der Killer ist ein Polizist. John konfrontiert ihn damit 30 Jahre später, und der Killer überfällt ihn zu Hause und gleichzeitig versucht er 1969, Johns Mutter zu töten. Diese beiden Szenen fließen ineinander, man weiß überhaupt nicht mehr, was los ist, und dann steht (1999) plötzlich sein alter Vater da, der schon zwei Mal angeblich sterben hätte sollen, und er erschießt den bösen Bullen. Wie ging das dann 1969 aus? Das wäre einigermaßen logisch nur mit Everetts Viele-Welten-Theorie zu lösen gewesen, aber in dieser Welt können nicht viele Welten nebenherlaufen.  

Wie so oft hat man atemlos zugesehen und die Auflösung erwartet, die dann … nicht richtig kam. Es war unlogisch. Die Autoren hatten ihre Geschichte nicht richtig durchdacht; schade. Man fühlte sich betrogen.

Wenn John die Zeitungsmeldung liest, dass sein Vater bei einem Feuer umkam und die Akte des toten Mädchens vor sich hat, dann liegen uns Dokumente vor. Es ist also geschehen. Plötzlich sind diese Dokumente verschwunden. Hat John sie halluziniert? Der Killer steht 1969 vor der Verhaftung und greift John 1999 an. Man hätte erklären müssen, was in den 30 Jahren dazwischen geschah. Am Ende ist plötzlich der alte Frank da und erschießt den Killer, Frank, der angeblich bei dem Brand sterben sollte und danach an Lungenkrebs. Man hat also viele Welten ineinandergeschoben und nichts erklärt. 

Die plausibelste Lösung ist immer noch die von Everett 1957: eben die Viele-Welten-Theorie. In zwei Welt ist Johns Vater gestorben, in einer dritten nicht; in einer seine Mutter, in einer anderen nicht; in einer Welt starb das Mädchen, in der anderen nicht. Dann hätten wir viele ineinander geschachtelte, blasse Welten, die dann 1999 immer noch zu einer zusammenfließen könnten; aber das überzeugend darzustellen, ist schwierig und interessiert Hollywood nicht. Man wird für dumm verkauft und merkt, dass es nur um die action geht und um nichts sonst.

Ein Kommentar zu “Gute Frequenz”

  1. Hans

    Murakami macht es besser z.B. in 1Q84