Flugverkehr (24): Arnold Böcklin
Die manipogo-Serie Flugverkehr bekam lange keinen Aufwind mehr. Doch hier erfahren wir etwas über die fliegerischen Aspirationen eines Künstlers, Arnold Böcklins, geboren 1827 in Basel und gestorben 1901 in San Domenico bei Fiesole … komisch, Fiesole, das ich an dem Tag, an dem ich dieses schrieb, schon einmal las, als Verlagsort eines Gnosis-Buchs. Seltsame Attraktion.
Arnold Böcklin schuf das Bild Die Toteninsel, von dem Lenin angeblich ebenso eine Reproduktion im Wohnzimmer hatte wie Hitler: Eine weißgekleidete Gestalt rudert auf eine Felseninsel zu. Böcklin versuchte immer wieder Ausbrüche aus dieser Welt und stürzte oft ab, schrieb in einem Buch Laszló F. Földényj über den Schweizer Maler. Dieser wollte ein Flugzeug bauen. Vom Fliegen erhoffte er sich ein Wachhalten des Geistes, und Földényj erinnert an Nietzsches Spruch Wir Luft-Schiffer des Geistes. »Ich wollte probieren,« schrieb der Künstler, »ob ich nicht ein wenig von dieser langweiligen Erde loskommen kann.«
Fliegen war für ihn eine Herausforderung, und er glaubte, dass der Wille genüge und ein Motor nicht unbedingt nötig sei. Die technische Lösungt hielt Böcklin auch für eine künstlerische, und ähnlich dachte der Ungar Szinyei Merse Pál, 1872 in München sein Freund, der 1878 ein wunderschönes Luftschiff gemalt hatte. Böcklin stellte auch Studien zu Flugapparaten her, doch eigentlich hatte er, wie Földenyi erklärt, spirituelle Ziele: »Dadurch entsteht das Wunder, dass seine Maschinen in der Lage sind, Melancholie auszustrahlen.« Das wird der Vorsitzende des Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschifffahrt, Karl Müllenhof, geahnt haben, als Arnold Böcklin in einem Brief schrieb, die Berechnung der Kräfte beim Fliegen werde wie eine schöne Blume oder wie eine Oase in der Wüste sein.
Er fand die Oase nicht, malte immer wieder schwebende Figuren, und der ungarische Autor meint, Böcklins halbnackten und nackten Frauen wirkten nicht erotisch: Die Frauen fliegen seelisch um so höher, je mehr sie Gefangene der Gravitation sind, die in diesem Fall auch Erde genannt werden kann oder Animalität oder Sexualität.« Vielleicht habe der Schweizer Maler letztlich die weibliche Natur zu überwinden gesucht, denn 1881, als in Florenz sein Flugzeugmodell starten sollte (ein Misserfolg), durfte seine Frau nicht dabeisein, es war ein Männerding, und in seinen Gemälden verdrehen und schrauben sich Frauenkörper dahin, verdreht durch unsichtbare ( männliche) Maschinen, meint Földényi.
am 8. Juli 2014 um 17:40 Uhr.
Lieber Mandy, ein schräger Text – gefällt mir! Und immer ein Stück Wahrheit dabei: weißt du noch E. Dickinson: „Sag Wahrheit ganz, doch sag sie schräg?“ Viele Grüße gina
am 8. Juli 2014 um 18:26 Uhr.
Liebe Gina! Danke für dein Lob! Die schrägen Dinge stehen in dem erwähnten Aufsatz, aber man muss sie eben herauslösen. Ich merke manchmal, dass manipogo noch besser werden kann, indem ich wie in der Lyrik Eingebungen nachgebe und einfach dahinplaudere. Es ist wichtig, beim Schreiben offen zu sein und die Kontrolle aufzugeben, dann wird es inspirierend. Viele Grüße servus Mandy.
am 12. Juli 2014 um 11:27 Uhr.
Ja und schräge Texte werden KUNST – verdreht und geschraubt – wie in Böcklin´s Gemälden…
– passend zu „Expedition Neuland“ Schönheit liegt im Hirn des Betrachters (BZ heute) LG Gina