Kalte Erfolgswelt
Gestern war ein wunderbar sonniger Tag, ich radelte nach Freiburg und hatte vorher noch in den Brief der Krankenkasse geblickt. Toller Service, viele Apps, und am Ende wird noch darauf hingewiesen, dass man doch … denn die Kasse wolle einen vor unnötigen und lästigen Nachberechnungen schützen. Sie haben dabei nur Angst, nicht genug Geld zu bekommen.
Beim Radfahren denkt man gern nach, und so dachte ich mir: Eigentlich geht’s überall ums Geld, und etwas verkaufen ist wohl nur Staffage. Lieber würden sie das Geld so von dir abzapfen, aber sie plappern und bieten ihre Dienste an, als könnte man nur so glücklich werden. Es ist eben eine heuchlerische Gesellschaft, dachte ich mir.
Dann sahen wir in Müllheim den Film Madame Mallory und den Duft von Curry von Lasse Hallström, diesen perfekten Film mit traumhaften Landschaftsaufnahmen und netter Handlung. Etwas fürs Herz, gefühlig, völkerverbindend, gegen Rassismus, für die hohe Kochkunst und den Genuss, ach ja, und la douce France, Baguette und durch den Wald radeln, und der Fluss strömt so friedlich dahin.
Hassan, der junge begabte indische Koch, greift nach den Sternen, wird berühmt und kocht dann in Paris, an oberster Stelle, unterwegs zum dritten Stern, Molekularküche, und er wird auch dort gepriesen. Aber er ist einsam. Interessant, dachte ich mir. Der Regisseur zeigt, wie Hassan alleine im Winter an der Seine dahinwandert, wie unglücklich er ist. Denn die Welt des Erfolgs ist ja so schrecklich kalt. Er sehnt sich nach dem Dorf zurück, nach einem eigenen Restaurant; die Familie, die frühere Geliebte!
Ich wusste sofort, dass er wieder zurückgehen würde. Zuerst war es um Krieg gegangen, um Ehrgeiz und Erfolg … und plötzlich heißt es wieder: Zuhause ist’s doch am schönsten. Man hätte Hassan als umschwärmten Koch auf Parties in Paris zeigen können, aber nein! Er ist so traurig und allein in der großen Stadt.
Es gibt viele Filme und Bücher mit ähnlicher Handlung. Die Film- und Verlagsindustrie liefern gern den Soundtrack zur Heuchelei. Da sind die reaktionären Gefühle aufbewahrt, die man sonst von Heidegger kennt, der einmal geschrieben hat: Warum wir in der Provinz bleiben. Bilden solche Filme ab, was alle fühlen, oder sind sie nicht einfach nur verlogen? Will man Geld und Erfolg – oder will man ein Leben in Beschaulichkeit? Decken solche Filme nicht einfach zu, was abläuft?
Was will man: Krieg oder Frieden? Im Kino geht’s immer um Krieg – auch in einer Werbung für einen blöden amerikanischen Film, in dem sich zwei Lehrer duellieren, Mann und Frau, wurde das Wort Krieg verwendet, und ich wette, am Ende heiraten die beiden. Der Krieg dient dazu, dass etwas passiert, krachen muss es, und am Ende wird alles anmutig aufgelöst. Und wir können wieder ruhig schlafen.