Die heilige Hedwig
Die vielen Jahrhunderte, die vor uns lagen! Wie kurz ist eigentlich unser Leben, das uns so lang und ewig vorkommt! Wir bleiben bei den Bayern, und ich muss die Geschichte der heiligen Hedwig erzählen; wie sie aus Andechs nach Trebnitz kam, denn bei mir war’s ja umgekehrt: Die Vorfahren väterlicherseits kamen aus Schlesien nach Oberbayern.
50 Jahre nach dem Tod von Herluka in Bernried wurde in Andechs ein kleines Mädchen geboren, auf dem Gut ihrer Eltern. Das alles liegt nah beieinander: Bernried am Westufer des Starnberger Sees trennen 20 Kilometer in östlicher Richtung von Wessobrunn, wo Dietmut lebte, Epfach, wo Herluka es lange aushielt, liegt noch 12 Kilometer weiter östlich, und Andechs finden wir 15 Kilometer nördlich von Bernried. Da fahren Helmut und ich oft hin, um uns bei einer Maß Bier auszutauschen. Das Kloster Andechs wurde jedoch erst 1455 gegründet.
Das Mädchen wird mit fünf Jahren schon in eine Abtei nach Kitzingen bei Würzburg geschickt und lernt dort Nähen und Sticken, die Heilkräuter kennen, außerdem Lesen und Schreiben und sogar Lateinisch. Es heißt Hedwig, das Mädchen. Sie wird gläubig, aber nicht Nonne, denn schon mit 12 Jahren verheiratet man sie mit dem König Heinrich dem Bärtigen, der 1201, als Hedwig vermutlich um die 25 Jahre alt war, von seinem Vater Bolesław dem Großen das Herzogtum Schlesien erbte.
Hedwig bringt sieben Kinder zur Welt, von denen nur zwei erwachsen werden. Die anderen sterben früh. In einem Faltblatt, das bei mir sich zufällig in einem Krakau-Führer fand, steht über sie: »Als Herzogin wird Hedwig zur fürsorgenden Mutter aller Schlesier: Sie sorgt sich um das Essen der Armen, die Pflege der Kranken und die gerechte Behandlung der zu Verurteilenden und Gefangenen, die auch die Möglichkeit erhalten, durch Mithilfe am Bau von Kirchen und Klöstern ihre Strafe abzuleisten.« Besonders kümmerte sie sich um die Erziehung der Mädchen. 1202 wurde auf ihr Bitten hin in Trebnitz nördlich von Breslau von Herzog Hendrich das erste Frauenkloster Schlesiens gegründet. (Illustration: Hedwig/Jadwiga in der Schlackenwerther Handschrift, 1353)
Hedwig starb 1243 in Trebnitz, und schon 1267 wurde sie heiliggesprochen. In Polen ist sie die heilige Jadwiga. Ihr Grab liegt in der Hedwigskapelle der Klosterkirche in Trebnitz.