Flieger, zur Sonne!
Bin immer noch da und muss mich zum gestrigen Polizeiruf 110 äußern, der Abschiedsveranstaltung von Horst Krause. Wirklich schade! Mit unseren Sonntagabend-Fernsehreihen lernt man, Abschied zu nehmen. Teams vergehen, Teams entstehen, und einsame Kämpfer rattern davon, der Sonne entgegen.
Der Film ist sehr gelobt worden, und ich lobe ihn auch. Sehr atmosphärisch und mit einer gelungenen story, wobei Maria Simon fast zu cool und überlegt agiert und wie eine Dozentin uns alles erklärt. Etwas freut den Zuschauer übrigens am Krimi: Dass die Kommissarin die arroganten Geschäftsleute von ihrem hohen Ross herunterholen darf, schon mit der Vorlage ihres Ausweises. (Als Kind habe ich FBI gesehen mit Efrem Zimbalist jr. und es so geliebt, wenn er seinen Ausweis herausholte: Eff Bii Ai! Der Schauspieler lebte von 1918 bis 2014!)
Tragisch und melancholisch war der Polizeiruf aus Brandenburg. Die Landschaft gehörte dazu und wurde nicht eigens ausgeleuchtet, und die Flugaufnahmen waren grandios. Auch die Musik passte, selbst wenn die ersten drei Töne sehr an Pink Floyds Shine On You Crazy Diamond erinnerten.
Ich will nun auf ein Phänomen aufmerksam machen, das nur sieht, wer die Sonntagabend-Krimis diszipliniert verfolgt. Doch müssen Millionen Zuschauer die ins Auge fallenden Parallelen zum Dortmund-Tatort eine Woche zuvor bemerkt haben: das Motiv des Fliegens (sein Rausch, auch der des Springens); das schwer verletzte Opfer, das beatmet wird, keine Reaktionen mehr zeigt und noch lange Strecken lebt (im Dortmund-Fall werden die Maschinen jedoch abgeschaltet); und, ganz sprechend, ein manipulierter Gurt, der zum Absturz führt.
Die Tatort-Macher und die vom Polizeiruf werden sich nicht absprechen, um solche Parallelen zu verhindern. Ein Film wird geplant, gedreht, und dann wird sein Ausstrahlungsdatum festgelegt. Und sollte einem Fernsehfunktionär auffallen, dass zwei Filme an zwei Sonntagen hintereinander sich ähneln, würde er sagen: Zufall.
Für mich ist es natürlich kein Zufall. Da wirkt ein gedankliches Feld, das die Autoren leitet. Sie beeinflussen sich gegenseitig, ohne es zu ahnen. Manche Erfindungen sind zur selben Zeit in unterschiedlichen Ecken der Welt gemacht worden, und Richard Sermon nannte unser Einflussfeld 1909 in einem Buch die Meme, Sheldrake sprach von morphogenetischen Feldern.
Ich war vergangenen Samstag mit meiner Mutter in dem Wanderzirkus Lamberti in meinem Ort, ein schönes Erlebnis. Im Zirkus spielte im Dezember 2013 ein Tatort mit Tukur, dann drei Wochen drauf wieder einer (Anfang Januar 2014: Der irre Iwan), und am 14. Februar 2014 schon wieder einer, mit Ulrike Folkerts. Drei Zirkus-Tatorte in drei Monaten, ist das nicht total überzufällig? Auch da haben sich ein paar Autoren gegenseioitg telepathisch beeinflusst, ohne es zu wissen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es da eine Gesamtkonzeption gibt (und wenn, hätten die Verantwortlichern gesagt; hey, zu viel Zirkus).
Ich bleibe dabei: Etwas schwebt in der Luft, ein Feld, und Autoren fangen dessen unsichtbaren Einflüsse auf und arbeiten, wie wir alle, mit an einem Gesamtwerk.