Die Buschmänner der Kalahari
Am Tag nachdem ich das Buch The Lost World of the Kalahari von Laurens van der Post beendet hatte, das 1958 erschien, brachte mich ein kurzer Filmbeitrag auf 3sat auf den neuesten Stand, fast 60 Jahre später. Es gibt sie noch, die Buschmänner, aber sie sprechen ihre Sprache nicht mehr und sind sesshaft geworden.
Ja, zum Glück gibt es sie noch, diese kleinen Leute (Durchschnittsgröße 1,50), die das Ursprungsvolk der Kalahari war, die von der Jagd lebten, ähnliche Glaubensüberzeugungen wie die Aborigines Australiens hatten und so natürlich lebten wie ihre Freunde, die Tiere.
Sie störten die Ökologie nicht und störten niemanden – bis die Niederländer und Engländer von Süden kamen und Schwarzafrikaner von Norden, sie in die Zange nahmen und ihnen ihr Land raubten. Man tötete sie auch leichthin, ohne sich viel dabei zu denken, denn im Weltbild der Eindringlinge galten sie kaum mehr als wilde Tiere, die schmutzig waren und sich nicht richtig artikulieren konnten. Von 1800 bis 1860 starben viele Buschmänner, ermordet von den neuen Herren, und sie teilten das Schicksal der Ureinwohner Australiens und der Indianer Nordamerikas.
100 Jahre später begab sich Laurens van der Post, der in Südafrika aufgewachsen war und die tapferen Buschmänner bewunderte, auf die Suche nach den letzten Überlebenden. Sein Buch über die untergegangene Welt der Kalahari weckte etwas Schuldbewusstsein, und Van der Post wurde in den Jahrzehnten darauf (bis zu seinem Tod 1996) zu ihrem Geschichtsschreiber und Fürsprecher.
Die Buschmänner machten gern Musik, drückten sich auch durch den Tanz aus und stellten Felszeichnungen her. Sie verneigten sich vor ihrer Beute und teilten wie viele Jagdvölker alles miteinander. Sie lasen meisterhaft alle Spuren und besaßen einen untrüglichen Orientierungssinn.
Ulli Neuhaus befasste sich für 3sat mit ihrer Pflanzenheilkunde und wusste zu berichten, dass man den Buschmännern sogar Ländereien wiedererstattet, die man ihnen weggenommen hatte. Sie wollen nun Schutzgebiete errichten und Heilpflanzen anbauen, um auch anderen damit helfen zu können und sich etwas zu verdienen. Sir Laurens van der Posts Verdienst war es, auf ihr Schicksal aufmerksam gemacht zu haben.
Wir Leute aus dem Westen haben durch unseren Eroberungstrieb und unsere Grausamkeit viele Welten zerstört. Die Schuld liegt auf uns allen, finde ich. Und man begreift nicht, dass sich Geschichte wiederholt; nicht exakt, aber abgewandelt. Unser Energieverbrauch, den wir nicht begrenzen wollen, bedroht arme Länder, und unsere Abschottungstendenzen im Angesicht einer Million armr Afrikaner, die vor den Toren Europas warten, ist eine defensive Variante des unerbittlichen Expansionsstrebens von früher. So entsteht neue Schuld und schwarzes Karma.