In der Traumstadt

Bevor Breton und Duchamp, die beiden Champions der Anti-Kunst, diese Welt verließen, verabschiedete sich (1965) Peter Paul Althaus, der auch zum Surrealismus gepasst hätte. Er war 1951 mit seinem Buch In der Traumstadt bekannt geworden, das mir kürzlich in einer etwas »anrüchigen« (alten) Ausgabe in die Hände fiel. Das sind charmante Gedichte, von Schwabing und von Menschenliebe inspiriert.

Der Münchner Oberbürgermeister hat manchmal Althaus, der sich PPA nannte, zu einem Treffen eingeladen, als Kollegen und Traumstadt-Bürgermeister. Das war ein Missverständnis, oder … war es eine Kunst-Aktion? Wer in die Kunst eintaucht, weiß nicht mehr, was echt und was ein fake, was gut oder was Schwachsinn ist. Man fühlt sich wie hypnotisiert und vergisst seinen gesunden Menschenverstand. 

Künstler nehmen ohnehin nichts ernst. Althaus, geboren 1892 in Münster, soll über seine Militärzeit gesagt haben, bei der er Hauptmann wurde: »Ich war immer ein verkleideter Zivilist, mich haben meine Untergebenen nie ernstgenommen, weil die genau wussten, ich nehme den ganzen Zauber nicht ernst.« Peter Paul Althaus kam nach München-Schwabing zu den Künstlern und verkehrte mit Stefan George, Rilke und den Brüdern Mann (Thomas und Heinrich). 1930 gründete er das Kabarett Zwiebelfisch in der Barer Straße. 

Traumstadt St. Gallen

Nach dem Militär veröffentlichte er die Traumstadt, über die Dieter Hildebrandt sagte, sie sei »eine Phantasie Schwabings und sie zeigt, wie das Innere vom Menschen aussehen soll«. Zwei Gedichte aus dem Traumstadt-Zyklus:

Das grüne Schloss aus grünem Stein,
das gleißt des nachts im Mondenschein.

Am Tage ist es nicht mehr da,
doch nächtens ist es deutlich, nach.

Aus seinen Fenstern quillt ein Glanz,
von drinnen schrillt Musik zu Tanz,

doch niemand spielt und niemand tanzt:
und trittst du ein ―was du nicht kannst ―

so schießt ein Bogenschütz aus Stein
dir mitten in das Herz hinein.

Schöner Satz aus dem Zyklus: In der Traumstadt träumte mir, ich träumte, dass der Traum ein Traum gewesen … Bekannt geworden ist das reizende Gedicht über das Lächeln in der Traumstadt (geschrieben für A.N.):

In der Traumstadt ist ein Lächeln stehn geblieben;
niemand weiß, wem es gehört.
Und ein Polizist hat es schon dreimal aufgeschrieben,
weil es den Verkehrt, dort wo es stehn geblieben, stört.

Und das Lächeln weiß auch nicht, wem es gegolten;
immer müder lächelnd steht es da,
kaum beachtet und gescholten
und geschubst und weggedrängt, wenn ja.

Langsam schleicht es sich von hinnen;
doch auf einmal wird es licht verklärt
und dann geht es ganz nach innen ―
und du weißt, wem es gegolten und gehört.

 

 

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.