Ruhm durch Rom

Die letzten Spuren im Leben der Dichter John Keats und Percy Bysshe Shelley führten nach Rom; dort sind sie bestattet. Ein anderer Künstler, auf den ich in London stieß — der Maler Francis Townes —, reiste nach Rom und errang Ruhm dadurch: aber erst 100 Jahre nach seinem Tod.

francistowneFrancis Townes wurde 1739 in Nordengland geboren, verdingte sich als Kutschenmaler und ließ sich schließlich in Exeter nieder, wo er als Kunstlehrer und Landschaftsmaler zu Bekanntheit und Wohlstand kam. 1780 reiste er nach Rom und malte dort viele Aquarelle. Es war die Reise (und vielleicht der Höhepunkt) seines Lebens, und das wiederum erinnert an Goethe, der sechs Jahre später die Ewige Stadt zu einem im ganzen einjährigen Aufenthalt aufsuchte. (Das Bild: Townes, 1795 porträtiert von John Downman.)

 

Motiv am Tiber

Motiv am Tiber

Die Wege der Kunst sind unergründlich. Francis Towne wollte unbedingt von der Royal Academy der Maler in London aufgenommen werden, doch schon 1779, noch vor seiner Reise, bekam er eine Abfuhr. Lange nach seiner Rückkehr machte sich Towne daran, sich seinen Wunsch zu verwirklichen. Er arbeitete eine PR-Kampagne für sich selbst aus, um innerhalb von 15 Jahren von der Akademie akzeptiert zu werden. Keine Chance: Gefragt waren spektakuläre Landschaften und nicht die realistischen ruhigen Werke Townes‘. Elf Mal schrieb man ihm, dass sich die Akademie gegen seine Aufnahme ausgesprochen hätte. Dann ließ er es sein und nannte London die »bösartige Hauptstadt, in der es nur um Profit und kurzfristigen Ruhm« gehe. Er blieb in Exeter.

Das Kolosseum

Das Kolosseum

Mit 65 Jahren, als Francis Townes längst finanziell unabhängig war, wollte er seinen Nachlass selber ordnen. Er veranstaltete 1805 eine Ausstellung über sein Lebenswerk mit den Rom-Aquarellen als Mittelpunkt, die er dem British Museum 1816 vermachte, im Jahr seines Todes, der ihn fünf Jahre vor John Keats ereilte. Im Raum 90 des Museums waren nun die Townes-Werke zu sehen (noch bis 8. September).

 

Noch eine Ansicht vom Tiber

Noch eine Ansicht vom Tiber

Ein Jahrhundert lagen diese schönen Bilder, die in der Viktorianischen Epoche als farblos und schüchtern galten, danach in den Regalen des print room. Um 1900 war der Maler völlig vergessen. Doch ein paar Jahre später stießen Kunstkundige auf seine Arbeiten und erkannten deren Qualität. In den 1920-er Jahren, über 100 Jahre nach dem Tod des Künstlers, wurde Francis Townes als großer Meister gefeiert. In den 1950-er Jahren war sein Werk in vielen Sammlungen Großbritanniens und den USA vertreten. Ruhm durch Rom, aber spät.

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