Liebeszauber mit dem Bullroarer

Wir sind wieder bei den australischen Aborigines. Wie bekommt Mann eine Frau, wenn er sie braucht? Ganz einfach: Er kerbt ihre Initialen in einen Bullroarer ein und schwingt das Musikinstrument, und das Mädchen kommt, auch von 50 Meilen her. Ronald Rose hat für sein Buch und das Kapitel The Way Love Finds darüber recherchiert.   

Adolph, ein eingeweihter Aborigine, sagte Rose, das funktioniere. Es sei wie ein Love Call, wie ein Anruf bei dem Mädchen, wenn der Junge den Bullroarer betätige. Er habe das mehrmals miterlebt.

Wir Deutschen nennen ihn, den Roarer, unpoetisch Schwirrgerät, und Wikipedia hat natürlich einen Artikel darüber. Das Geräusch, das der Bullroarer macht, hören wir am Anfang des Titels Bullroarer auf dem berühmten Album Diesel and Dust von Midnight Oil (1987).

Und dann noch eine aktuelle Live-Aufnahme der Band, vom 5. Juni 2017 in Atlanta. Bullroarer hat ungeheuren Drive, hinter Gitarre und Schlagzeug schwingt der Sound des Schwirrgeräts, und Peter Garrett singt: Die Temperatur im Schatten hat / hundertzehn Grad erreicht. Und wiederholt oft den Refrain: I hear the bullroarer / I see the white horses. Da passiert was mit einem, wenn man den Bullroarer hört.

Bei ihren Konzerten sah die Bühne immer aus wie der australische Busch, und einmal habe ich sie in Hamburg erlebt. Peter Garrett, der glatzköpfige Sänger (vier Jahre älter als ich), löste 2002 die Band auf und ging in die Politik. Von 2007 bis 2010 war er für die Labour Party Umweltminister, danach bis 2013 Bildungsminister. Er setzte sich immer für die Rechte der Aborigines ein.

Aborigine-Camp in North Queensland, 1921 fotografiert von einem Keystone-Mitarbeiter. Dank an Library of Congress, Wash. D.C.

Aborigine-Camp in North Queensland, 1921 fotografiert von einem Keystone-Mitarbeiter. Dank an Library of Congress, Wash. D.C.

Also: Yungitcha, ein ansprechender junger Aborigine auf Frauensuche, ritzte in ein Ende des zirka 15 Zenitmeter langen Musikinstruzments seine totemischen Zeichen, ins anderen Ende die des Mädchens und ihre Initialen. Man muss natürlich wissen, wen man will. Und dann erhitzt man den Roarer über dem Feuer, schwingt ihn, hält ihn in die Richtung des Mädchens und singt ein Liebeslied dazu. Wie das bei Yungitcha ausging, hat Ronald Rose nicht erfahren. Aber dass Sex wichtig für die Aborigines ist, teilt er uns mit. Und dass Liebesmagie imitativ sei. Sie bilde das Gewünschte nach.

Auch für Frauen gibt es magische Prozeduren. Sie nimmt eine Portion Tabak, singt darüber, und spielt einen Liebesakt nach, wobei der Tabak ihren Körper berührt. So präpariert, schenkt ihn eine Freundin dem Umschwärmten. Wenn er den Tabak raucht, wird ihm schwindlig, und er zieht los und will mit der Frau beisammensein.

Die Frauen halten corroborees ab, nächtliche Treffen, bei dem sie hoch erotische Lieder singen und von denen sie erhitzt zurückkehren. Es heißt, dadurch würden die Begierde der Männer gestärkt und Beziehungen gefestigt, aber manchmal wird auch alles durcheinandergemischt, und neue Beziehungen entstehen.

4a03149rOwen Anderson, ein Mann aus Queensland, beteuerte, dass der Bullroarer-Zauber funktioniere und führte eine Geschichte an. Willie Taldora aus dem Gulf Country entfernten Norden (North Queensland) verliebte sich in Bobby Logans Schwester und wollte sie. Die Eltern aber meinten, er sei von einem anderen Volk und komme von zu weit her. Ich kriege das Mädchen, sagte Willie zu Bobby. Willie war ziemlich wild und ziemlich clever. Er erhitzte einen Bullroarer, schwang ihn und sang ein selbstkomponiertes Lied. (Links zwei Männer aus dem Worki-Stamm im nördlichen Queensland, abgelichtet von William Henry Jackson, 1843-1942; courtesy by Library of Congress, Wash. D. C.)

Am nächsten Abend kamen die Eltern und fragten Bobby: Wo ist dieser Taldora? Wir haben das Mädchen, das er wollte, und wir geben es ihm. Ronald Rose fragte Anderson: »Und du denkst, das Schwingen und Singen hat das geschafft?« Owen Anderson gab zur Antwort: »Nichts anderes.«

 

 

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