Diese magischen Kugeln

Zehn Prozent aller Einweisungen ins Krankenhaus geschähen wegen Arzneimittel-Unverträglichkeit, sagte bei einem Referat über die Leiden alter Menschen der Chef eines Krankenhauses. Das sei »ein schwer zu beherrschendes Thema«. Es kursiert zudem die Zahl von 10.000 bis 15.000 Toten in Deutschland durch Nebenwirkungen von Medikamenten. Da spricht niemand (gerne) drüber.

Das Chaos im Körper durch Medikation wird Ärztinnen und Ärzten angelastet. Doch es sind wohl die Pillen, die killen. Die Syndrome bei alten Menschen sind Immobilität, Instabilität (Gefahr von Stürzen), Inkontinenz und intellektueller Abbau sowie die »Iatrogenität«. Iatros heißt Arzt auf Griechisch. Mehrere Krankheiten, mehrere Ärztinnen und Ärzte, viele Medikamente, die falsch oder übertrieben eingenommen werden – und der Kollaps.

Manche Patientinnen oder Patienten müssen bis zu 14 verschiedene Arzneimittel einnehmen, von denen einige Abhilfe bei den Nebenwirkungen schaffen sollen. Streng genommen wissen die Mediziner nicht, wie eine Arznei auf das Individuum wirkt, das da vor ihnen sitzt. Sie gehen halt vom Regelfall aus und hoffen das Beste. Bei einem Dutzend Pillen steigt die Gefahr, dass einige gegeneinander wirken.

Der deutsche Chemiker Paul Ehrlich brachte den Ausdruck von den »magic(al) bullets«in die Welt, den magischen Kugeln, die Symptome zum Verschwinden bringen sollen. 1909 brachte er das berühmte Medikament 606 gegen die Syphillis auf den Markt, das er mit Hara Sachahirō entwickelt hatte.

Alle sind heute leider gut drauf auf Pharma. Die legal verkäuflichen Mittel töten viel mehr Menschen als die illegalen Drogen. 60.000 Menschen sterben in den USA jährlich durch die Einnahme von Betäubungsmitteln oder aufputschenden Substanzen. Die Musiker Prince und Tom Petty starben an Fentanyl, das 100 Mal stärker wirkt als Morphin. Man wirft sich zu viele Pillen ein.

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