Woodstock, 50 Jahre

50 Jahre Woodstock: Dazu werden sich alle, die das angeht, hinreichend geäußert haben. Von mir – einer, der damals 12 war und sich später viel mit Rockmusik beschäftigt hat – daher nur ein paar persönliche Reminiszenzen.

Erst 1976, auf einer Abiturreise und in Paris, habe ich den Film über das legendäre  Festival gesehen, das vor 50 Jahren im Staat New York begann und drei Tage dauerte. Was genau ablief, steht in einem hervorragenden Artikel, der zum 40-jährigen Jubiläum erschien und die finanzielle Seite nicht unterschlägt.

Damals, 2009, ließ der Verlag orange press in Freiburg das Buch Making Woodstock erscheinen, in dem die Initiatoren über ihre Erfahrungen berichten. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich eine Portion des Buches übersetzt, und im Herbst 2009 gab es sogar eine Open-Air-Lesung in Freiburg mit meiner Wenigkeit, einem Kollegen und Klaus Theweleit auf der Bühne. Making Lesung in Freiburg.

Live in Landsberg am Lech an meinem 50. Geburtstag, 2007

Live in Landsberg am Lech an meinem 50. Geburtstag, 2007

Wenn ich über das Set nachdenke und die drei Tage, so beeindruckten mich zwei Auftritte: Ten Years After mit I’m Going Home und Richie Havens mit Freedom. Scheu lächelnd sagt der damals 25-jährige Alvin Lee seinen nächsten Titel an: »This is a thing called I’m going home … by helicopter.« Alvin war der schnellste Gitarrist aller Zeiten und ging leider schon 2003 von uns. Joe Cocker, auch auf dem Festival und im selben Jahr geboren, lebte zehn Jahre länger.

Wenn’s um Freiheit geht, muss man an Richie Havens‘ Auftritt denken und wie er Freedom singt, hingegeben, vor Energie bebend, und drin war das ganze Leid der Negersklaven, ohne deren Klagegesänge Rhythm & Blues und Rock’n’Roll nicht denkbar sind.

DSCN2141Eine Bewegung braucht einen Gründungsmythos, und zu diesem entwickelte sich Woodstock. Es war eine gigantische Unternehmung, diesem Halbkontinent würdig, auf dem alles vergröbert und vergrößert wird. Damit vereinnahmten sie die Rockmusik. (Rechts: Elvis-Double in Dänemark, 2010)

Doch die Beatles in den 1960-er Jahren haben alles vorgelegt und umgesetzt, was man sich erträumen konnte. Die jungen Menschen fanden in ihnen eine neue, eigene Sprache. 1968 formierte sich mit den Studentenprotesten in Deutschland eine neue Zeit. Die Alt-Nazis verschwanden endlich, die Teens und Twens wurden zur Kenntnis genommen, die Literatur erneuerte sich, spannende und schräge Filme wurden gemacht. Die Popmusik und später der Rock waren nicht gerade Katalysatoren, aber Mitwirkende in dem Spiel.

London in der Hippiezeit muss wunderbar gewesen sein. Die Alben der Beatles sellen einen Schnelldurchlauf durch die Popgeschichte dar, und der Tod von John Lennon beschloss zwei triumphale kreative Jahrzehnte. Dann kamen die schicken 1980-er Jahre und die Revivals der 1990-er, mithin nur noch Wiederholung. Und im gegenwärtigen Konsumgalopp ist echt Neues nicht mehr zu haben, alles war schon da, und man erinnert sich der vielen Ereignisse nicht mehr; die Referenzpunkte verschwinden, und wir sinken kauend und verdauend in den großen Schlamm.

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.