Flugverkehr (90): Garuda

Chögyam Trungpa sagte einmal: »Wenn du die Magie entdeckst, meinst du, etwas Außergewöhnliches müsse geschehen. Und in der Tat geschieht etwas Außer-Gewöhnliches: Du findest dich einfach in der äußersten Realität wieder, in der Realität durch und durch … Wahre Magie ist die Magie der Realität, wie sie ist, also die Erde der Erde, das Wasser des Wassers, und du kommunizierst mit den Elementen, und irgendwie werden sie eins mit dir.« Fehlt: die Luft der Luft, symbolisiert durch das Vogelwesen Garuda, das in Thailand und Indonesen bekannt ist. 

garudagaruda2Uns interessiert aber nicht, was man genau über den Garuda weiß. Er ist ein ziemlich wild und martialisch aussehendes Wesen; auf den Maschinen der Garuda Airways aus Indonesien sieht er brav aus, wie ein schneller Adler, der er ja ist. Der Garuda-Adler in Gold ist das Wappentier Indonesiens mit seinen 17.508 Inseln und 264 Millionen Menschen (nur Indien, China und die USA haben mehr Bewohner).

Jeremy Hayward schreibt in seinem Buch Sacred World:

Wenn du aus dir herausgehst, um die Dralas zu treffen und eine Lücke in deinem Raum und deiner Zeit zulässt, könnte das von dem Garuda symbolisiert werden, einem mythologischen Vogel, der bereits ausgewachsen die Schale seines Eis sprengt — plötzlich und völlig da ist. Seine Farbe ist ein leuchtendes Rot mit einem goldenen Saum. Er sieht wie ein Kondor aus mit seiner großen Flügelspannweite und seinem gekrümmten Schnabel und dem wilden Ausdruck, während seine weit offenen und stechenden Augen, die wirken, als könne er bis zu den Grenzen des Himmels und dahinter blicken. Er schlägt fast nie mit den Flügeln, sondern gleitet anstrengungslos über weite Entfernungen, ohne jemals Rast zu brauchen oder einen Landeplatz suchen zu müssen. Er hat keinen Bezugspunkt auf der Erde, hat also keine Vorurteile und keine bestimmte Perspektive. Er rechnet nie, wie weit er zu fliegen hat oder wie weit er es schaffen könnte. Er fliegt einfach, immer weiter, ohne jemals zurückzusehen dahin, von wo er herkam.

(…) Einen Krieger, der so weit oberhalb des Kokons der untergehenden Sonne fliegen kann, könnte man unerhört nennen in dem Sinn, dass er jenseits von Grenzen fliegt und sich nicht von konzeptionellen Barrieren oder Ängsten irgendeiner Art einengen lässt. Der unerhörte Schrei des Garudas dringt durch das Herz der Welt, in der die Sonne untergeht. Er ist wie ein Schwert, das immer scharf ist, und sogar der Gedanke, es schärfen zu wollen, würde es stumpf machen. Weil er so hoch fliegt, gelangt er nie in enge Täler, die nur über einen Ausgang verfügen. Der Garuda muss nichts hoffen und muss nichts erwarten, er ist völlig jenseits von Armut oder der Angst, einen Fehler zu machen.

Der Garuda ist stets der erste Gedanke, weil er nie einen zweiten hat. Er lässt sich nicht von der Logik einfangen und schaut nicht immer, was als nächstes zu tun ist. Er hat keinen Plan oder Grundgedanken im Kopf, sondern handelt immer aus dem offenen Raum der grundsätzlichen Güte (basic goodness) heraus. Der Garuda ist schockierend, unerhört — seine Röte und Wildheit und seine schrille durchdringende Stimme stoppen den Geist wie ein Donnerschlag. Wenn du ihn vor dir sehen würdest, du würdest erschrecken. Es gibt keine Grenze dafür, wie weit er gehen würde. Es scheint ihm auch egal zu sein. Er ist frei von allen Beschränkungen, er fliegt in der oberen Atmosphäre.    

 

 

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