Gottes Stimme hören

Ich fuhr mit dem Rad nach Freiburg, um neue Bücher zu holen, und an der Ampel wartend, fiel mein Blick auf ein Blatt Papier am Boden. So eins hebe ich immer auf, weil ich denke, dass es mir etwas sagen will. Es waren zwei Lieder zu Gott, mit den Noten: »Da wohnt ein Sehnen tief in uns« und »Aber du weißt den Weg für mich«. (»Ich verstehe deine Wege nicht,  aber du weißt den Weg für mich.«)

In der Kirche in Betberg, einem der nahen Dörfer, hatte ich die Zeitschrift Mission weltweit der »Bad Liebenzeller Mission« mitgenommen und darin gelesen. Diese Mission hat 240 Missionare in 26 Ländern. Sie arbeitet überkonfessionell. In der Zeitschrift (Ausgabe Januar/Februar) berichten Entsandte über ihre Erfahrungen in den fremden Ländern. Beim Durchblättern fiel mir die häufige Frage auf, was Gott eigentlich wolle. Schon im Editorial schreibt der Direktor Pfarrer Detlef Krause: »Wie ist das mit Gott? Wo würden wir erwarten, ihn anzutreffen?« Ja? »Er tritt auch dort auf, wo wir ihn nicht vermuten, aber wo wir uns bewegen.«

 

Nathanael Bader schreibt über Berlin, wo laut Vermieter sie nicht in den Räumen bleiben konnten. »Für uns als Leitungsteam war jedoch eines schnell klar: Gott möchte, dass wir weiterziehen. Er möchte seine Geschichte mit der Jungen Kirche Berlin (JKB) an einem anderen Ort weiterschreiben.« Aus Papua-Neuguinea melden Gerhard und Brigitte Stamm: »Ich glaubte nicht, dass es sich um blindes Geschick oder menschliche Führung handelte … Nein, der lebendige Gott hatte etwas vor …« Gotthilf Holl fragt: »Doch was wollte Gott? Was wollten wir eigentlich?«

 

In fast jedem Artikel wird diese Frage thematisiert. Schwierig. Ich zappte durch die Programme und sah eine Minute den HOPE-Channel, und schon pries Cindy Jacobs ihr Buch How to Hear God an und The Voice of God, 30 Dollar. Anscheinend braucht man da eine Anleitung. Doch wenn das Konzept Gott mein Leben leitet, ist alles Gott. Aber anscheinend herrscht auch Unsicherheit: Ist das Gott? Soll das so sein? Ist ein Hindernis vor meinen Plänen Gott oder will er, dass ich das Hindernis überwinde?      

Wir werden es nicht wissen. Oder erst hinterher. Es bleibt die ewige menschliche Unsicherheit, die schon Cicero ausgedrückt hat: Wie soll ich leben? Da müssen wir uns wohl auf unseren Instinkt verlassen, das Bauchgefühl: Was sich gut anfühlt. Ich muss so leben, dass ich mich wohlfühle, denn wenn ich mich schlecht fühle, kann ich nichts Gutes für mich und meinen Nächsten bewirken.

Ich denke, das Problem ist, dass man Gott wie einen Menschen sieht, der in den Wolken steht und den Daumen hebt oder senkt. Wir müssen uns von der klassischen Welt verabschieden, von der 1:0-Welt und der Wer-ist-der Täter-Welt. Es gibt vielleicht keinen Heilsplan und nicht den richtigen Weg, nur richtigere Wege und kleine Siege. Es ist unsere Welt und unsere Freiheit, und wenn wir die Kraft anrufen, bekommen wir Hilfe, aber nur ergänzend zu unserem Bemühen. 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.