Erlösung

Bei dem dänischen Philosophen Søren Kierkegaard (1813−1856) fand ich den Satz: »Ohne Erlösung wäre das Christentum überflüssig.« Aber es gibt noch mehr Erlöserreligionen, und schon bei den Mazdäern im Iran vor Christi Geburt sollte ein »Löser« auftauchen und den Menschen an sieben Zonen und Wächtern vorbei lotsen und ihn bugsieren ins Reich des Lichtgottes.

Der Mensch fühlt sich irgendwie schlecht und schuldig. Er musste sich erklären, warum es auf der Erde so viele böse Taten gab, warum er so unglücklich war. In fast allen Religionen gibt es einen Aufstand von Engeln gegen Gott, der scheitert, aber das Böse in die Welt bringt. Die Christen fanden für sich noch die Erbsünde, die uns allen anhafte. Aber die Frucht vom Baum schuf erst das Bewusstsein. Wir wurden zu echten Menschen.  

Welchen Sinn hat es, zu leben und nicht zu wissen, dass man glücklich ist? Man muss aus dem System heraustreten ans Licht der Erkenntnis, und dann weiß man Bescheid. Das ist der Preis. Zurückkehren ist vielleicht nicht mehr möglich, aber man muss wissen, was es anzustreben gilt, sonst ist man nur ein glückliches Tier. Aber: Sind wir ein Mängelwesen? Machen wir überall alles falsch? Gibt es nur Dinge zu bereuen? Nein. Fehler gibt es nicht.  Wir nennen sie erst hinterher so. Und nur wir nennen etwas Sünde.  

Ich war einmal mit dem Rad in Südfrankreich und traf Jean-Louis, der mir den Titel eines Buches verriet, das ich seither sehr schätze. Es ist eine Serie aus fünf Büchern und heißt Life and Teaching of the Masters of the Far East von Baird T. Spalding. Ein Reisender trifft in Tibet weise Menschen, die den Tod nicht kennen. Jesus tritt auf, Buddha, eine schöne Frau, der Dalai Lama. Sie äußern sich, und einhellig meinen sie, wir seien perfekt und wüssten es nicht, Gott sei in uns, wir müssten nur die Hand ausstrecken, und alle unsere Wünsche würden uns erfüllt.  

Illustration: Rolf Hannes

Natürlich: alles in Liebe und mit vollstem Vertrauen. Dann bekommen wir, was wir brauchen. Schau nicht zurück! Sieh die perfekte Präsenz in dir! Das ist dein wirkliches Selbst. »Perfektion kommt nicht daher, dass du deine Ideen nach draußen projizierst, sondern vom Bewusstsein des Wissens, dass es schon die festgelegte Ordnung der Dinge ist.«  

Negative Worte verstärken den Zustand der Hypnose. Nur der Mensch ist negativ. Was da ist, ist gut. Der Positivismus sagt, dass etwas da ist. Man kann es bejahen. Auch die Ratte und die Hyäne haben ihren Platz. Raubtiere töten andere Tiere, um zu überleben, aber das ist ihr Weg, darum sind sie nicht böse. Nur wir Menschen haben damit angefangen, Dinge auf unserer Welt als schlecht zu benennen, als unzulänglich oder unzureichend. Das durchtränkt sein Weltbild. Aber es schließt ihn auch von seinen Möglichkeiten ab. Denn alles ist möglich.  (Ein Wort dagegen heißt: Auschwitz. Unser aller Fehler, unser aller Schuld. Leider ist alles möglich.)

»Halte den Becher hinaus, bis er gefüllt ist und überfließt. Zweifle nie an der Allmacht des Einen Geistes!«  

      

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