Mit-Schöpfung

Marienmonat Mai. Lourdes (1858), Fatima (1917), Medjugorje, Zeitoun in Ägypten (1968) — das sind nur vier von vielen Orten, an denen in den vergangenen 200 Jahren die angebliche Jungfrau und Gottesmutter Maria einer Vielzahl von Gläubigen erschien, und man fragt sich, auch als Sympathisant der Geschehnisse: Was könnte man dazu sagen? Wie real ist eine Marienerscheinung?

021Fatima und Lourdes gehören zu den Brennpunkten. Den dortigen Erscheinungen anerkannte die römisch-katholische Kirche als übernatürlich. Das würde bedeuten, eine wirkliche Maria zeigte sich durch ein übernatürliches Verfahren den Zeugen.

Der US-Autor Michael Grosso schrieb 1992 das Buch Frontiers of the Soul (Grenzen der Seele) und untersuchte die Überschneidungen zwischen Psi-Phänomenen, der Wissenschaft und der Religion. »Gibt es irgendetwas jenseits von unserer Welt?« fragt er gleich. Ich würde sagen: ja freilich; doch viele andere würden meinen: Bewiesen ist da nichts, und wir wollen Beweise. — Grosso schreibt:

Die Parapsychologie spielt bei der Re-Mythologisierung von Religion eine Rolle … In ihrem historischen Dialog mit der Wissenschaft hat die religiöse Vorstellungskraft vielleicht zum ersten Mal — durch die Methoden der Psi-Forschung — Aussichten, ihr Themenfeld wiederzuerobern und es womöglich noch auszuweiten.

Er fährt fort:

061Psi könnte ein unanalysierbares Faktum in der Natur sein wie das Leben oder die Existenz des Bewusstseins. … Das Paranormale — der transzendentale Faktor.

Unanalysierbar — damit stellt sich Grosso gegen die Parapsychologie. (Wer ihr lange genug angehangen hat wie ich, kommt irgendwann zu dem Schluss, dass die Anhäufung von Daten dort genauso sinnlos ist wie in den anderen Sektoren der Gesellschaft.) Er meint auch so richtig, Engel könne man nicht analysieren, damit zerstöre man ihren Zauber; sie seien Bilder der Psyche. (Ich glaube jedoch an ihre Existenz.)

Und damit kommt er zum Menschen, dem er die Fähigkeit zur Mit-Schöpfung zuschreibt: »Etwas ›da draußen‹ arbeitet mit etwas ›hier drinnen‹ zusammen.« Und unsere Gedankenkraft formt eine unbekannte Substanz zu sichtbaren Bildern um.

lumieremariaIn der anderen Welt, in der der Geist unbehindert regiert, wird ein Gedanke schnell zu einem Objekt. Hier bei uns braucht man viel Hartnäckigkeit, um etwas sich materialisieren zu lassen (womit nicht gemeint ist, eine Statue hinzustellen). Seit 2000 Jahren ist Maria, die Mutter Jesu, beliebt und wird angebetet. Ich dachte mir auch, dass die kollektive Vorstellungskraft von Jahrhunderten dazu geführt haben könnte, dass an manchen Orten ein Durchbruch erzielt wurde: dass eine Erscheinung auftrat, die wie Maria aussah und Botschaften übermittelte, die vielleicht aus dem kollektiven Unbewussten stammen und (nun Grosso) auf noch unvollendete künftige Stufen der menschlichen Evolution hindeuten.

Mit-Schöpfung ist das Stichwort. Wir sind beteiligt an Gottes Bewusstsein und können wie Er/Sie etwas erschaffen. Nur trauen wir unserer Vorstellungskraft nicht genug zu (bei Krankheiten kann sie Wunder wirken). Grosso fasst zusammen:

In anderen Worten: Götter, Göttinnen, Dämonen, Elementargeister, Feen und so weiter entwickeln sich und verändern ihre Formen in dem Maße, in dem wir uns verändern, wachsen und uns entwickeln. Der Wert dieser imaginären Formen hängt von unser Interpretation ab. Der Beobachter ist von dem Beobachteten nicht zu trennen. Im Reich des Heiligen, des Göttlichen und des Übernatürlichen ist Schöpfung Mit-Schöpfung.

 

 

 

 

 

 

 

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