Praktikant Roboter

Ein Artikel im Zürcher Unterländer trug die Überschrift: »Roboter beginnt Praktikum im Pflegezentrum Embrach«. Er kommt einem am Empfang entgegen und sagt: »Guten Tag, mein Name ist Lio. Ich heiße Sie herzlich willkommen im KZU.« Erfinder sind stolz auf ihr Geschöpf und wollen es an vorderster Linie eingesetzt wissen. Was sagt die Schweizerin dazu? Wir wissen es nicht. 

OIP

Leo-Roboter

Aber einiges sonst wissen wir. Die Hamburger Philosophie-Zeitschrift Hohe Luft hatte 2021 das Sonderheft Mensch und Medizin, und in dem Beitrag Der Roboter, dein Pfleger und Helfer von Martin W. Schnell lesen wir:

Es gibt einen End-of-Life-Care-Roboter. Er streichelt den Arm der sterbenden Person. Parallel dazu ertönt eine Stimme, die dem Sterbenden sagt, dass er nicht allein sei, weil er, der Roboter, ja an seiner Seite ist. Zum Beweis für seine Anwesenheit setzt der Roboter das Streicheln fort.

Seit den Tagen Alan Turings (1912-1991) zeichne sich die Kooperation Robotik/Humanität ab. Ein Roboter werde allerdings nur als Instrument geduldet, wenn es etwa um mangelnde Kraft geht. Japan sei ein Vorreiter beim Digital Nursing im Bereich der Robotik, worunter man Haushaltsroboter versteht, die wegen der Überalterung der Gesellschaft eingesetzt werden. Künstliche Menschen seien in Japan im Alltag akzeptiert.

Zwischenzustand. Unsere Körper befinden sich im permanenten Austausch mit technischen Geräten, schreibt André Nemat. Die Wearables und Insideables (W.: Dinge, die man trägt; I: Dinge, die man sich einpflanzen lässt) generieren Daten. Viele fühlen sich nun autonom, weil sie über ihren Körper Bescheid wissen wie nie jemand zuvor in der Vergangenheit. Die Einstellung zum Körper ist nicht mehr natürlich, sie ist rein technisch. Auch die Ärztinnen und Ärzte geben sich der Technik hin:

Ein implizites (ethisches) Abwägen und Manövrieren, das sich am Gegenüber statt an der Technik orientiert, wird zunehmend verunmöglicht.

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Gavin Younge, Fahrrad, 1998

Durch die Geräte kann die Vermessung des Menschen auch im persönlichen Umfeld stattfinden. Für eine Diagnose braucht man keinen besonderen Ort. In China gibt es Ping An Good Doctor, eine digitale Analyse und Diagnosestellung in einer Art Telefonzelle, und es gibt Telemedizin unter dem Schlagwort Hospital to Go.

Aus dem digitalen Schatten wird dann das digitale Ich, dein digitaler Zwiling, an dem man auch ein neues Medikament erproben kann: Die Daten sagen, ob es gut vertragen wird. Dennoch fehlt dem Ich ein Ort der Fürsorge und der Behandlung. Auf ihn wird man auch in der Zukunft nicht verzichten können, machen doch die Geräte die Vorarbeit. Aber jemand muss die Daten analysieren und Berichte schreiben; alle werden nur noch mehr mit Arbeit überhäuft sein, und im Februar 2023, zwischen dem 16. und 20., könnte sich bei der Hausärztin ein Termin auftun.

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