Geist und Seele

In regelmäßigen Abständen fliegt mich diese Frage an: Wie unterscheiden wir Seele und Geist? Das will manipogo ein für allemal durch ein paar Zitate klären, und es soll deutlich sein. Ich hatte über Jahre hinweg einmal auf 25 Seiten Zitate über Geist und Seele gesammelt; daraus kann ich mich nun bedienen.

Es hieß ja immer Körper, Geist und Seele. Im Vierten Konzil von Konstantinopel 869 wurde die Lehre des Patriarchen Photius, dass der Mensch eine höhere, unsterbliche Geist-Seele sowie eine irdische, vergängliche Seele besitze, mit einem Bannfluch belegt. Fortan durfte es für die Christen nur noch Leib und Seele geben, und tatsächlich wird seither oft von Seele gesprochen, wo der Geist gemeint ist, und auch manipogo hat das manchmal nachgebetet. Schauen wir genauer hin!

SDC11218Viele Urvölker glaubten an eine zweigestaltige Seele. Die Navajos verbanden die eine Seele mit Atem oder Wind, die andere war für sie eine schattengleiche Entität, die nach dem Tod noch eine Weile in der Nähe des Körpers verbleibt. Die Pawnees verstanden eine Seele als Quelle von Leben und Bewusstheit, die andere als Quelle von Gefühlen und des Unbewussten.

DSCN5007Atem, Wind, Leben, das hat mit Feuer und Luft zu tun: der Geist. Der Schatten, Gefühle und das Unbewusste sind mit dem Wasser verwandt: die Seele. Carl Gustav Jung hat auch einmal den Geist als Gegenstück zum Wasser bezeichnet.

 

Über die Auffassung im Islam schreibt Sachiko Murata:

Wenn man die Seele (nafs) mit dem Geist kontrastiert, stellt sie die niedrigere, dunkle, absteigende und ignorante Tendenz dar. Der Geist verkörpert die höhere, leuchtende, aufsteigende und intelligente Dimension. Da die Seele dunkel und niedrig ist, ist sie fern von Gott. Da der Geist leuchtend und hoch ist, ist er nah bei Gott. Die Seele ist eine Art barzakh (Grenzzustand) zwischen Geist und Körper. Sie entsteht nach dem Geist und ist in gewisser Beziehung weniger real als der Geist.

Auch im alten und modernen China wurde von zwei Seelen gesprochen:

IMG_4564Die lichten Geister (Schen) gehen aus, das sind die wirkenden, die auch neue Verkörperungen eingehen können; die dunklen Geister (kuai) kehren heim, das sind die sich zurückziehenden, die den Ertrag des Lebens erst verarbeiten … der Unterschied des sich ausstreckenden und sich zusammenziehenden Substrats der Lebenskraft. Es sind Wechselzustände im großen Meer des Lebens.

Der Geist ist der Lebensfunken, ist die Energie, die Seele der Lebenslauf. Es ist unrichtig zu sagen, die Seele lebe ewig. Es ist der Geist, der sich erhebt und hinübergeht. Der amerikanische Heiler Edgar Cayce hat das am klarsten ausgedrückt:

Der Mensch IST ein Geist (spirit) jetzt und durch die Jahrhunderte hindurch; und er HAT eine Seele (oder einen spirituellen Körper) jetzt und eine Weile über das Grab hinaus; und er HAT einen materiellen, physischen oder Erden-Körper während seines irdischen Lebens. … Die Seele ist die Wurzel der Liebe. … Demnach ist der Geist die Lebenskraft, der Intellekt (mind) die DSCN3703Fähigkeit, ihn einzusetzen, und die Seele ist das Wesen, das sich entwickelt. Ich glaube, das ist der entscheidende Unterschied zwischen dem Geist und der Seele. Die Seele befindet sich auf einer Reise mit vielen Kurven und Hindernissen auf der Straße des Lebens. Dagegen befindet sich der Geist weit oberhalb des Straße und hat vom Anfang bis zum Ende den Überblick. Er kennt den Frieden, der dem Verstehen folgt, die Zufriedenheit, die nicht zu erschüttern ist und das Paradies, das wir einst für immeer genießen sollen.

In dem Beitrag über Peter Novak wurde dessen Befürchtung abgehandelt, Geist und Seele könnten sich nach dem Tod entzweien.  Thomas Mann hat in seinem Roman Joseph und seine Brüder hervorgehoben:

DSCN2952Es ist möglich, dass die Aussage, Seele und Geist seien eins gewesen, eigentlich aussagen will, dass sie einmal eins werden sollen. … Das Geheimnis aber und die stille Hoffnung Gottes liegt vielleicht in ihrer Vereinigung, nämlich in dem echten Eingehen des Geistes in die Welt der Seele, in der wechselseitigen Durchdringung der beiden Prinzipien und der Heiligung des einen durch den anderen. 

Schön auch, was Peter Ringger 1957 schrieb:

Parapsychologie … vermag zu zeigen, dass der Mensch mit größter Wahrscheinlichkeit den Tod überlebt und dass seine Seele auf dem Weg zur Höherentwicklung zu Geist wird, zu einer Wirkungssstätte des seine Individualität transzendierenden, göttlichen pneumas.

Die Seele soll sich erkennen, sich läutern und letztlich aufgehen im Ewigen. Wir trennen uns ab, individualisieren uns und gehen unseren eigenen Weg, um später zu erkennen, dass er nur sinnbildlich stand für den Weg einer Seele zu Gott: wie wir Hindernisse uns schufen, um sie aus dem Weg zu räumen, bis wir merkten, dass Kämpfe und Solotrips unnötig sind.

 

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